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Merkels Kritik an Bezahlung von Pflegekräften: Bundesregierung soll lieber konkrete Schritte folgen lassen
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich Ende letzten Jahres zur "schlechten Bezahlung von Pflegekräften" geäußert und in einem Interview ausgeführt: "Die Bezahlung ist immer noch so, dass viele sagen: ,Das ist nicht ausreichend‘ – und das kann ich auch verstehen." (CARE INVEST berichtete). Der bad e.V. verlangt nun der Bundesregierung, überhaupt erst die Möglichkeiten zu schaffen, höhere Gehälter in der Pflege zahlen zu können – "von Verständnis und öffentlichen Bekundungen allein können sich die Betroffenen nichts kaufen".

Bezahlung von Pflegekräften "nicht ausreichend"? "Wer eine bessere Bezahlung von Pflegekräften will, muss Preis-Dumping bei Pflegeleistungen stoppen", fordert der Bundesverbands Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad) e.V., der die Interessen von rd. 1000 Betrieben bundesweit vertritt. "Merkels Verständnis allein genügt nicht, um zu erreichen, was ein vielfach formulierter politischer Wille und auch der Wunsch des bad e.V. ist: das Vergütungs-Niveau von Pflegefachkräften merklich zu verbessern!", erklärt Andreas Kern, 1. Vorsitzender des bad. "Zunächst muss man festhalten, dass viele Pflegeeinrichtungen schon heute Gehälter zahlen, die an der oberen Grenze des ihnen wirtschaftlich Möglichen liegen. Wer das derzeit nicht tut, hat ohnehin keine Chancen, auf dem hart umkämpften Markt Pflegefachkräfte zu bekommen oder zu halten. Somit werden die wenigen ,Lohnminimierer‘ mittelfristig zwangsläufig vom Markt verschwinden", stellt Kern weiterhin fest. "Unabhängig von der schon jetzt vorherrschenden Bereitschaft, gute Löhne zu zahlen, streben wir an, die Attraktivität der Pflegeberufe deutlich zu steigern und eine erheblich bessere Bezahlung wäre hierfür ein wichtiger Baustein! Aber wer hier Forderungen stellt, muss auch so ehrlich sein und eingestehen, dass das zusätzliche Geld für steigende Personalkosten irgendwoher kommen muss! Doch Kranken- und Pflegekassen haben in den letzten Vergütungsverhandlungen unmissverständlich klargestellt, dass sie eine Steigerung der Kosten für (behandlungs-)pflegerische Leistungen kategorisch ablehnen, wenn hierdurch ausschließlich die Attraktivität des Pflegeberufs verbessert werden soll. Dies hat zur Konsequenz, dass sie nicht gewillt sind, vom Preis-Dumping in der ambulanten Pflege abzurücken und Vergütungserhöhungen zu akzeptieren, die deutlich über den durchschnittlichen Lohnsteigerungen liegen. Diese betrugen zumeist lediglich zwischen 2 und 3 Prozent – ausgehend von einem traditionell niedrigen Pflegepreis-Niveau sind damit aber keine großen Sprünge bei der Gehaltsentwicklung möglich!" Aus der aktuellen Gewinnspanne von Pflegeeinrichtungen seien elementare Veränderungen beim Gehalt nicht zu finanzieren, stellt Kern klar. "Jeder Unternehmer ist darauf angewiesen, seine Kosten über die Preise seiner Leistungen zu refinanzieren. Wenn man der Pflege dieses Recht – auch bei deutlich gestiegenen Gehältern – in der Praxis zugestehen würde, dann wäre ein ansprechenderes Gehalts-Niveau kurzfristig sichergestellt!", meint auch Andrea Kapp, Bundesgeschäftsführerin des bad e.V. "Außerdem darf es keinen Unterschied machen, ob eine Pflegeeinrichtung einem öffentlichen oder privaten Träger angehört. Vergütungen für Pflegefachkräfte sollten bundesweit und trägerunabhängig wirtschaftlich attraktiv sein, um dem oft beklagten Fachkräftemangel in der Pflege wirksam zu begegnen." Der bad e.V. verlangt vor diesem Hintergrund ein klares Bekenntnis der Politik: "Wir fordern die Bundesregierung auf, sich dazu zu positionieren, welcher Stundenlohn für Pflegefachkräfte aus ihrer Sicht angestrebt werden soll! Konsequenterweise rufen wir den Gesetzgeber auf, die Selbstverwaltung mit der Umsetzung dieses Ziels und einer entsprechenden Pflege-Preisgestaltung zu beauftragen. Die Einsparungsbemühungen der gesetzlichen Kostenträger müssen insofern eingeschränkt werden und die derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen, die Kostenträgern eine Berufung auf vermeintliche Preisobergrenzen nur allzu leicht machen, müssen entsprechend geändert werden", stellt Kern klar. Die jüngsten gesetzlichen Änderungen, die insbesondere eine Anerkennung von Tariflöhnen bzw. Mitarbeiterentlohnung auf Tariflohn-Niveau ermöglichen sollen, sind hier dagegen nicht die Lösung: "Die Tariflohnabschlüsse der Vergangenheit und die hierauf erfolgten moderaten Vergütungsabschlüsse zeigen doch bereits, dass auf diesem Weg ein Wandel hin zu einer wirtschaftlich deutlich höheren Attraktivität der Pflegefachkraftberufe nicht erreicht werden kann", stellt Kapp fest. "Deshalb bleibt es weiterhin dabei, dass die Wahl eines Pflegeberufes leider noch immer maßgeblich von einer idealistischen Einstellung geprägt sein muss. So sympathisch dies im Einzelfall auch ist, kann man doch nicht ernsthaft in Abrede stellen, dass es weiterer Faktoren bedarf, um die Pflegeberufe attraktiv genug zu machen für die große Anzahl von Menschen, die wir in Zukunft brauchen werden. Und dies wird nur funktionieren, wenn von staatlicher Seite die Bereitschaft entwickelt wird, deutlich mehr Geld in die Hand zu nehmen als bisher. Von ,Verständnis‘ und öffentlichen Bekundungen allein können sich die Betroffenen nichts kaufen."
Der Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad) e.V. mit seinem Hauptsitz in Essen wurde 1988 gegründet. Er vertritt die Interessen von bundesweit rund 1000 zumeist privat geführten Pflegediensten und -einrichtungen und stellt damit einen der großen Leistungserbringerverbände in der Wachstumsbranche Pflege und Betreuung dar.
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