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Niedersachsen: Caritas und Politiker fordern allgemeinverbindlichen Tarifvertrag Pflege

Die Mitgliederversammlung der niedersächsischen Caritas Altenhilfe mitten im Bundes- und Landtagswahlkampf machte deutlich: Pflegepolitiker von CDU, SPD, FDP und den Grünen fordern gemeinsam einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für die Pflege, unterschieden sich aber in der Bewertung der privatgewerblichen Pflege.

- Ludger Abeln moderierte die Diskussion zur Pflegesituation mit Filiz Polat, Franz Loth, Burkhard Jasper, Frank Henning und Dr. Thomas Thiele (v.lks).Foto: Caritas/Roland Knillmann

"Die Mitarbeitenden in unseren Pflegeeinrichtungen verdienen optimale Arbeitsbedingungen und hohe Wertschätzung für ihre herausfordernde Arbeit! Wenn uns das gemeinsam mit Politik, Pflegekassen und Angehörigen nicht gelingt, müssen wir uns nicht wundern, dass wir einen Fachkräftemangel haben." Franz Loth, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Altenhilfe der Caritas in Niedersachsen, wies ferner darauf hin, worauf es jetzt ankomme: "Mich ärgern die pauschalen Verdächtigungen, die man immer wieder hört. Das wird den Pflegekräften nicht gerecht. Mit diesem Schlechtreden bewirkt man Frustration und Berufsflucht – das Gegenteil von dem, was nötig ist."

Franz Loth, zugleich Direktor des Caritasverbandes für die Diözese Osnabrück, machte deutlich, dass "Wertschätzung auch im Geldbeutel zu spüren" sein muss: "Die Pflegenden müssen angemessen bezahlt werden. Im Klartext: Nach einem Tarifvertrag, wie ihn zum Beispiel die Caritas seit jeher hat."

Aktuell sei es noch immer so, dass die Kosten für einen Pflegeplatz auch von der Höhe der Gehälter abhängen, die in Niedersachsen jeder Träger selbst festlegen könne. Damit werde der Wettbewerb zwischen den Häusern über die Entlohnung der Mitarbeitenden geführt. "Das muss der Vergangenheit angehören. Ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag für die Pflege würde hier einen Riegel vorschieben," betonte Loth.
Zudem müssten die Rahmenbedingungen in der Pflege verbessert werden, damit wieder mehr Zeit für den Menschen bliebe. Schließlich sei die Pflegeausbildung so attraktiv wie möglich zu gestalten, um auch in Zukunft Menschen für diesen herausfordernden, gleichzeitig auch lohnenden Beruf zu finden.
Bei dieser Mitgliederversammlung mitten im Bundes- und Landtagswahlkampf war der Austausch zu pflegepolitischen Positionen besonders relevant. So gab es eine Podiumsdiskussion zur zukünftigen Pflegepolitik, an der neben Franz Loth auch Frank Henning MdL (SPD), Burkhard Jasper MdL (CDU), Filiz Polat MdL (Bündnis 90/Die Grünen) und Dr. Thomas Thiele (FDP) unter der Moderation von Ludger Abeln teilnahmen.

Einig war sich die Runde bei der Forderung nach einem allgemeingültigen Tarifvertrag für die Pflege (Anmerkung der Redaktion: Die FDP Niedersachsen vertritt bisher die Haltung, dass die Einführung eines Tarifvertrages eine Aufgabe der Tarifparteien sei und keine politische Entscheidung. Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Sylvia Bruns, hat das mehrfach deutlich gemacht).

Unterschiede wurden hingegen deutlich bei der Frage, ob ein Wettbewerb zwischen verschiedenen Anbietern sinnvoll ist oder ob die Pflege als Bereich der Daseinsvorsorge anders geregelt werden muss.

Henning (SPD) betonte, dass er gegen die bestehende Situation am Pflegemarkt sei: "Ich bin überzeugt, dass die gemeinwohlorientierten Unternehmen wie Caritas oder AWO die bessere Arbeit geleistet haben." Thiele (FDP) plädierte hingegen für einen Mix der Anbieter: "Wenn es die privaten Anbieter nicht gegeben hätte, hätten wir bei der Organisation der ambulanten Pflege immer noch Probleme." Jasper (CDU) betonte die regulierende Rolle der Politik: "Markt allein führt nicht zu guten Ergebnissen. Wenn wir soetwas machen, brauchen wir eine starke Wettbewerbspolitik." Filiz Polat (B‘90/Die Grünen) unterstrich den besonderen Charakter der Pflegeversorgung: "Die Daseinsvorsorge darf nicht privatisiert werden!"