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Pflegebetrug: AOK Nordost will Ortungssystem für Pflegemitarbeiter

Die AOK Nordost will Pflegedienste stärker überwachen, um Pflegebetrug zu verhindern. Zu den Forderungen gehört eine Aufstockung der Staatsanwaltschaften, die Schaffung bundesweiter Register für Pflegedienste sowie direktere Zugriffsmöglichkeiten der Krankenkassen auf Interna der Pflegedienste, meldet die Märkische Allgemeine Zeitung. "Die Gesetze müssen so geändert werden, dass die Kassen mehr Einblick und Überprüfungsmöglichkeiten bei den Pflegediensten erhalten", gab der Chefjurist der AOK Nordost, Peter Wewer, der Zeitung preis.

- Die brandenburgische Polizei hat am 28. September eine Großrazzia gegen mutmaßliche Betrüger im Pflegedienst durchgeführt.Foto: Adobe Stock/ Goss Vitalij (Archivfoto)

"Wer es drauf anlegt, findet derzeit ein löcheriges, offenes, schwerfälliges Abrechnungssystem im Gesundheitswesen. Schon mit geringer krimineller Energie kann man schnell viel Geld verdienen", berichtete Wewer. Was derzeit an Fällen bekannt werde, so Wewer, sei "nur die Spitze des Eisbergs". Allein die für Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern zuständige AOK Nordost habe binnen zwei Jahren drei Millionen Euro Betrugsschaden festgestellt – und diese Summe wieder zurückholen können. Der vermutete Schaden sei viel höher. Für das Jahr 2016 und das erste Halbjahr 2017 habe die AOK 102 Strafanzeigen wegen des Verdachts des Abrechnungsbetrug in der Pflege gestellt.
Die Forderung der AOK Nordost: ein Ortungssystem, das Auskunft über den Aufenthalt von Pflegemitarbeitern zulässt – damit die nicht den Kassen Fantasie-Fahrten in Rechnung stellen können. "Mit einer GPS-gestützten, nachweisbaren Abrechnung wären etwa Luftbuchungen kaum mehr möglich. Es geht nicht um Datensammlung per se, aber wir haben sehr viele Auffälligkeiten bei Fahrtkostenabrechnungen", erläuterte Wewer.
Zudem fordert die Kasse eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Pflegebetrug analog zu Hessen und Bayern. Die Ergebnisse dort seien von Jahr zu Jahr besser. "In Potsdam ermitteln zwei Staatsanwälte für ganz Brandenburg", so der Jurist.

"Wir gehen davon aus, dass die Staatsanwaltschaft Potsdam fachlich wie personell so gut aufgestellt ist, um zum Thema Pflegebetrug alles Nötige zu erledigen", konterte Ministeriumssprecher Uwe Krink.
Andere Krankenkassen würden auf Nachfrage der Zeitung die AOK unterstützen. Zitiert wird die Barmer GEK, die "alle Maßnahmen und Reformen, die der Korruption im Gesundheitswesen vorbeugen" begrüße. Eine weitere Forderung der AOK Nordost ist die Schaffung einer bundesweiten Datei für Pflegedienste und ihre Mitarbeiter. Gerade kriminelle Dienste hätten "eine hervorragende länderübergreifende Organisation". Dieses Netzwerk "lässt es zu, dass die Namen der Angestellten in ganz Deutschland in Einsatzplänen auftauchen – manchmal auch zur selben Zeit. Das kriegen die Kassen aber nicht mit", klagt Wewer. Zudem sollen Qualifikationsnachweise für die Mitarbeiter "besser kontrolliert und auf aktuellem Stand gehalten werden".

Zum Hintergrund:

Die brandenburgische Polizei ist letzte Woche mit einer Großrazzia gegen mutmaßliche Betrüger im Pflegedienst vorgegangen. Der Vorwurf laute auf gewerbs- und bandenmäßigen Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen, sagte Mario Heinemann, Sprecher des Polizeipräsidiums Brandenburg. Der angerichtete Schaden sei noch nicht genau ermittelt worden. Er liege im sechsstelligen Bereich, sagte er. Wie Staatsanwaltschaft Potsdam und Landeskriminalamt gemeinsam mitteilten, durchsuchten etwa 170 Beamte mit Unterstützung von Berliner Ermittlern 32 Büros und Wohnungen in beiden Bundesländern. Beschlagnahmt wurden kistenweise schriftliche Einsatzpläne und Abrechnungen. Jetzt müsse verglichen werden, inwieweit sie mit den tatsächlichen Abrechnungen bei den Kassen übereinstimmten oder nicht. Dann sehe man, ob sich die Verdachtsmomente bestätigten, hieß es.