Unternehmen
vbw: Es werden zu wenige Seniorenwohnungen gebaut
Der demografische Wandel stellt auch die Immobilienbranche vor Herausforderungen: Es werden immer mehr Wohnungen benötigt, in denen alte Menschen so lange wie möglich selbstständig leben können. Der vbw Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen ist dafür, Bauvorschriften zu lockern und dadurch die Kosten zu senken.

Bundesweit investiert die deutsche Wohnungswirtschaft insgesamt 6,3 Milliarden Euro pro Jahr allein in den Wohnungsneubau. "Die Wohnungswirtschaft in Baden-Württemberg hat im Jahr 2016 mehr als 1,7 Milliarden Euro in den Wohnungsneubau und die Modernisierung investiert", berichtete Robert an der Brügge, Verbandsvorsitzender des vbw Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. am Mittwoch anlässlich der Pressekonferenz zum Verbandstag 2017. Die Statistik der rund 300 Wohnungsunternehmen im vbw weise in allen Investitionsbereichen hohe Zahlen auf.
Auch bei den Sanierungen und Modernisierungen dieser Wohnungen wurde erneut viel Geld in die Hand genommen. 600 Millionen Euro flossen in die Verbesserung des Wohnungsbestandes. "87 Prozent der Wohnungsunternehmen in unserem Verband schätzen die derzeitige Lage als gut oder sogar sehr gut ein. Die wirtschaftlichen Zahlen stimmen uns positiv", sagte an der Brügge.
Die Aussichten für den Neubau seien grundsätzlich positiv – wenn es denn ausreichend Bauflächen in den Kommunen gäbe. "Die Kommunen weisen sehr wenige Flächen aus und folgen dann leider noch allzu oft dem Ruf des Geldes, also der Höchstpreisvergabe statt der Konzeptvergabe", sagte an der Brügge. Weiter kritisierte er: "Obwohl der Geschosswohnungsbau einen wichtigen Beitrag zur Flächeneinsparung leistet, ist er in vielen – vor allem kleinen – Gemeinden nicht gewünscht." Dabei sei mehrgeschossiger Wohnungsbau in Mehrfamilienhäusern energieeffizienter und spare gegenüber dem Bau von Eigenheimen mehr als die Hälfte der Fläche. Er könne daher einen erheblichen Beitrag zur Reduzierung der Flächenversiegelung leisten. "Wir sind alle in der Pflicht, unseren Teil zum Umweltschutz und zur Energieeinsparung beizutragen. Die Kommunen müssen hier unbedingt umdenken", forderte an der Brügge.
Um Baukosten senken zu können, seien viele Unternehmen mittlerweile bereit, seriell oder modular zu bauen. Eine bundesweite Umfrage habe gezeigt, dass 70 Prozent der befragten Wohnungsunternehmen Interesse am Typenbau und an Typengenehmigungen haben. Rund 50 Prozent der Unternehmen haben das serielle Bauen bereits in Planung, 15 Prozent setzen es sogar schon ein. "Im seriellen und modularen Bauen liegen künftig große Chancen", ist an der Brügge überzeugt.
Drei neue Wohnungsbaugenossenschaften, deren Gründung der Verband unterstützt und belgeitet hat, konnte der vbw im vergangenen Jahr in seiner Organisation begrüßen. Erfreulich sei, dass die Zahl der Mitglieder bei Wohnungsgenossenschaften um rund 4.000 Neumitglieder gestiegen ist. "Insgesamt 295.668 Menschen schenken den 176 baden-württembergischen Wohnungsbaugenossenschaften Ihr Vertrauen. Das ist ein Plus von 1,3 Prozent, das zeigt, dass der Genossenschaftsgedanke noch quicklebendig ist", so an der Brügge.
Die Durchschnittsmiete bei den Mitgliedsunternehmen im vbw lag zum Jahresende 2016 bei 6,28 Euro pro Quadratmeter. Die Miete bleibt im Wohnungsbestand, wird also für Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen reinvestiert. Sie fließt auch in Zusatzaufgaben wie die Quartiersentwicklung, integrative Maßnahmen, Nachbarschaftshilfe, sowie in den altersgerechten Umbau und in Maßnahmen rund um die Energiewende.
Senioren finden nach Einschätzung des vbw-Chefs aber immer schwerer altersgerechte Wohnungen. Die Baukosten seien derart gestiegen, dass viel zu wenige preisgünstige Seniorenwohnungen gebaut würden, sagte Robert an der Brügge. Mit Blick auf den demografischen Wandel sagte er: "Wenn wir diese Wohnungen nicht jetzt bauen, werden sie in 10, 15 Jahren massiv fehlen." Seniorenwohnungen sind auch für Rollstuhlfahrer oder Menschen mit Gehhilfen relativ leicht zugängig, zudem sind die Türen etwas breiter. Der vbw ist dafür, Bauvorschriften zu lockern und dadurch die Kosten zu senken. Es sei Unsinn, für jede von Senioren genutzte Wohnung zwei Fahrradstellplätze bauen zu müssen. Flexible Regelungen seien nötig, damit die Bauwirtschaft sich nach dem tatsächlichen Bedarf ausrichten könne. Der vbw hat etwa 300 Mitgliedsunternehmen mit rund 450.000 Wohnungen in Baden-Württemberg. Ein zu kleiner Anteil ist an der Brügge zufolge altersgerecht. Nur wenn die derzeit sehr hohen Baukosten sänken, werde der Anteil steigen.
- Die vbw-Mitglieder sind genossenschaftliche und kommunale Unternehmen. Ein Großteil ihres Bestandes sind Sozialwohnungen, also staatlich geförderter Wohnraum.
- Tipp: Eine aktuelle Studie von Terragon und dem DStGB belegt, dass barrierefreies Bauen viel günstiger sit, als bisher gedacht – wenn die Planung entsprechend erfolgt. Nahezu alle Neubauwohnungen könnten barrierefrei entstehen, für Menschen mit und ohne Mobilitätrseinschränkungen.
- Die Ergebisse dieser Studie finden Sie am 28. April in CARE INVEST 9-2017.
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