Unternehmen

ver.di stellt Investoren an den Pranger

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ruft den Klassenkampf aus und warnt davor, dass die Altenpflege zunehmend zum Spekulationsobjekt von Finanzinvestoren und Großkonzernen werde. Als Beleg nennen die Gewerkschafter "aktuelle Übernahmediskussionen"."Die kommende Bundesregierung muss erklären, wie sie diese für pflegebedürftige Menschen und Beschäftigte gefährliche Entwicklung unterbindet", sagtet ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler.

- Sylvia Bühler, Mitglied des ver.di-Bundesvorstandes, Bundesfachbereichsleiterin des Fachbereiches Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen; zuständig für GesundheitspolitikFoto: Kay Herschelmann

"In der Pflege muss es um die Menschen gehen. Doch stattdessen spielen immer häufiger Profitinteressen die zentrale Rolle", kritisiert Bühler. Der Anteil privatwirtschaftlicher Betriebe stieg zwischen 1999 und 2015 von 43,7 auf 52,3 Prozent. Die Tendenz sei weiter steigend. Zuletzt hätten insbesondere Finanzinvestoren und ausländische Großkonzerne die Pflege als Profitquelle entdeckt.

Es sei "unverantwortlich, die Pflege Finanzinvestoren auszuliefern". Die Fonds seien auf kurzfristige Profitmaximierung ausgelegt. "Sie setzen alles daran, den Wert ihrer Investments durch aggressive Expansion und Kostensenkung zu steigern", erklärt Bühler weiter. Beschäftigte und pflegebedürftige Menschen hätten das Nachsehen. Die Methoden der finanzgetriebenen privaten Konzerne setzten auch öffentliche und freigemeinnützige Träger unter Druck und wirkten sich daher negativ auf die gesamte Branche aus.

"Die Politik ist gefordert", sagt Bühler an die Adresse der Parteien im Bundestagswahlkampf. "Profitgier hat im Gesundheitswesen nichts zu suchen." Die Regierung müsse für eine rasche bundesweit einheitliche Personalbemessung sorgen und regeln, dass es einfacher werde, Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären. Diese müssten dann in allen Einrichtungen unabhängig von ihrer Trägerschaft gelten. Mit einer solidarischen Bürgerversicherung könne die Altenpflege zudem auf eine solide finanzielle Grundlage gestellt werden.

"Marktfeindlichkeit gefährdet das Versorgungsniveau" – das war die Einschätzung der Pflegeheimberatung TERRANUS in ihrem letztjährigen Pflegereport. Dort wird die These "zunehmende Stigmatisierung von Markt und Wettbewerb gefährde Qualität und Versorgungssicherheit in der Altenpflege" ausführlich begründet."Marktfeindlichkeit mag dem Zeitgeist entsprechen, aus Sicht der stark steigenden Zahl der Pflegebedürftigen ist diese Haltung jedoch besorgniserregend", sagte damals TERRANUS-Geschäftsführer Hermann Josef Thiel. Nach  Hochrechnungen des Statistischen Bundesamts wird die Zahl der Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2030 von derzeit knapp 2,7 Mio. auf rund 3,5 Mio. zunehmen. "Wenn wir immer weiter dazu übergehen, Markt und Wettbewerb abzuschaffen und durch sozialromantisches Wunschdenken zu ersetzen, steuern wir direkt in eine massive Versorgungslücke."

Bereits in der Vorwoche haben Caritas und Diakonie die Forderung der Gewerkschaft ver.di nach Abschaffung des kirchlichen Arbeitsrechts zurückgewiesen. "Die tariflichen Arbeitsbedingungen in Einrichtungen und Diensten der Caritas sind besser sind als die von der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen Tarifverträge im Sozialbereich", sagte eine Sprecherin des katholischen Wohlfahrtsverbandes dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch die Diakonie betonte, dass sich das kirchliche Arbeitsrecht für die Mitarbeiter bewährt habe. Ver.di-Chef Frank Bsirske hatte in der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" das kirchliche Arbeitsrecht als grundgesetzwidrig verurteilt.