Politik

Bisherige Reformen reichen nicht: VKAD erhebt weitere pflegepolitische Forderungen

Unter dem Titel "Grenzen überwinden! Katholische Altenhilfe: Individuelle Pflege und Begleitung von ambulant bis stationär" lädt der Verband katholischer Altenhilfe in Deutschland e.V. (VKAD) vom 9. bis 10. Mai 2017 zu seiner 20. Bundestagung nach Magdeburg ein. Der Fachkongress, zu dem 350 Akteure in der Altenhilfe aus dem gesamten Bundesgebiet erwartet werden, beginnt heute mit der Eröffnungsveranstaltung im Maritim Hotel Magdeburg. Im Vorfeld machte der VKAD-Vorstand bereits heftige Kritik an aktuellen pflegepolitischen Maßnahmen deutlich.

- Eva-Maria Güthoff und Dr. Hanno Heil (beide VKAD-Vorstand) stellen die aktuellen VKAD-Forderungen an eine zukunftsorientierte Pflegepolitik vor.Foto: Holger Göpel

"Grenzen überwinden!" lautet das Leitthema der 20. Bundestagung des Verbandes katholischer Altenhilfe e.V. in Magdeburg. Das betrifft gleich eine betrchtliche Reihe an pflegepolitischen Themen. So z.B. die Überwindung der Grenzen zwischen den SGB V und XI wie auch in der Ausbildung der Pflegeberufe.

In einem Pressegespräch vor der offiziellen Eröffnung der Tagung forderte die stellvertretende VKAD-Vorsitzende Eva-Maria Güthoff die Anerkennung der tariflichen Bezahlung in der häuslichen Krankenpflege.  Das Beharren der Kassen bei den Vergütungssätzen an der Steigerung der Grundlohnsummen sei realtitätsfern und führe zu existenziellen Bedrohungen der tarifzahlenden Pflegedienste. "Wenn nicht tatsächlich gezahlte Tarifgehälter anerkannt werden und eine Verbesserung bei der vergütung von Wegepauschalen erreicht werden kann, können die Dienste die steigenden Kosten nicht weiter auffangen und müssen Versorgungsanfragen ablehnen", so Güthoff. Eine weitere Arbeitsverdichtung bei den Mitarbeitenden sei nicht mehr zumutbar. "Die Anshandlung der Vergütungen, sofern es sie überhaupt gibt, zwischen Krankenkassen und Pflegenabietern darf nicht weiter zu Entgelten führen, die den Pflegeanbietern eine qualitativ hochwertige Pflege unmöglich machen." Müssen sich ambulante Pflegedienste, die das Delta zwischen Vergütung und tariflicher Bezahlung nicht ausgleichen können, aus dem Markt verabschieden, wird die zunehmende Unterversorgung mit häuslicher Krankenpflege zur Realität.

Der VKAD-Vorsitzende Dr. Hanno Heil griff sich aus dem breiten Themenfeld der Tagung dasjenige heraus, welches die Branche derzeit massiv beschäftigt: "Unsere Mitarbeiter in den Pflegeeinrichtungen arbeiten am Limit." Erfordserlich seien dringend Maßnahmen, mehr Menschen für den Pflegeberuf zu gewinnen. Neben tariflicher Bezahlung und höherer Anerkennung und Wertschätzung durch Staat und Gesellschaft – die akzeptieren, dass Pflege in Deutschland teurer werden muss und wird – gehärt seiner Auffassung auch eine zukunftsorientierte Pflegeausbildung dazu. Heil kritisierte scharf den zwishen Union und SPD ausgehandelten Kompromiss zur Einführung der generalistischen Ausbildung: "Das ist eine dürftige Grundlage nach 20 Jahren Diskussionen zuvor, fernab der Anforderungen in den Einsatzgebieten der Pflegenden. Uns zeigen sich noch viele Fragezeichen hinsichtlich der Finanzierung und der Bewältigung von unterschiedlichen Ausbildungsgängen im dritten Jahr, unsere Schulleiter raufen sich die Haare, wie diese realitätsferne Lösung umgesetzt werden soll. Wir werden es mit einem enormen organisatorischem und wirtschaftlichem Aufwand zu tun haben." Um überhaupt einen Einstieg in die vom VKAD bevorzugte generalistische Ausbildung zu schaffen, müsse die Bundesregierung nun einen abstimmungsreifen neuen Entwurf in den wenigen verbleibenden Wochen dieser Legislatur vorlegen. "Ein politisches Trauerspiel", so wertet Heil das Hickhack um die Reform der Pflegeausbildung.

Ferner legte der VKAD einen Forderungskatalog mit 7 Punkten zur Bundesttagswahl 2017 vor. Allein diese bisher politisch nicht aufgegriffenen Themen, von der ausreihenden Dynamisierung der Leistungsbeträge über erforderliche Maßnahmen zur Personalgewinnung auch per Umschulungsförderung bis hin zur Vergütung der Behandlungspflege auch in Pflegeheimen durch die Krankenversicherung /SGB V (Heil: "Wir haben das untersucht. Das bringt Kosten für die GKV in Höhe von 3 Mrd Euro, die bisher den Versicherten in Pflegeheimen vorenthalten werden.") belegen, dass die Pflegeunternehmen die als Pflegestärkungsgesetze bezeichneten Reformen der Großen Koalition als nicht ausreichend betrachten. Pflege in deutschland wird teutrer – die Politik muss Antworten finden und Lösungen anbieten.   Im Mittelpunkt der Fachthemen in Magdeburg stehen verschiedene Settings der Pflege und Betreuung. "Der Grundsatz ambulant vor stationär überhöht einzelne Organisationsformen der Versorgung. Das schafft Schwellen und Stolperkanten. Dabei kommt es heute immer mehr auf den Raum zwischen den Institutionen Altenheim und Sozialstation an. Denn dort haben sich längst neue Orte der Sorge und Pflege für älter werdende und hilfebedürftige Menschen etabliert", so der VKAD-Vorsitzende Dr. Hanno Heil.   Die Bundestagung will mit ihren rund 350 Teilnehmern mit der Politik über die Arbeit an den Grenzlinien in den Dialog treten. Im "Politikgespräch" treten Abgeordnete des deutschen Bundestages, Experten/innen aus der Altenhilfeszene, Kassenvertreter und Verbandsvertreter der Caritas in einen gemeinsamen Diskurs zur Frage, ob die Trennung zwischen ambulant und stationär heute noch zeitgemäß ist.

Die Auswahl aus 14 verschiedenen Forenveranstaltungen ermöglicht es, individuelle Tagungsschwerpunkte zu setzen. Die Forenveranstaltungen greifen Themen von Personalentwicklung über Finanzierung, innovative Konzepte in den Einrichtungen bis zu bürgerschaftlichem Engagement und ethischen Fragestellungen auf. Selbstverständlich gehören hierzu Themen der sich wandelnden Pflegebildung mit dem aus VKAD-Sicht unbefriedigendem Kompromiss zur Einführung der Generalistik und die Wirkungen der sog. Pflegestärkungsgesetze bzw. eher Pflegeunternehmen-Schwächungsgesetze.

Der Verband katholischer Altenhilfe in Deutschland e.V. (VKAD) ist ein bundesweit tätiger und selbstständiger Fachverband für die Altenhilfe innerhalb des Deutschen Caritasverbands mit Sitz in Freiburg im Breisgau. Der VKAD vertritt die Interessen seiner über 1.200 Mitgliedseinrichtungen durch politische Lobbyarbeit, Öffentlichkeitsarbeit und fachliche Expertise.

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