Politik
Chronische Erkrankungen: Großstudie NAKO soll bald erste Ergebnisse liefern
Zwischenbilanz: In der größten bundesweiten NAKO-Gesundheitsstudie werden seit 2014 Männer und Frauen zwischen 20 und 69 Jahren bundesweit in 18 Studienzentren medizinisch untersucht und nach ihren Lebensumständen befragt. Ziel ist es, chronische Erkrankungen, wie zum Beispiel Krebs, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rheuma, Infektionen und Demenz genauer zu erforschen, um Prävention, Früherkennung und Behandlung dieser Krankheiten zu verbessern. Bis heute haben schon mehr als 100.000 Personen an der NAKO-Studie teilgenommen, 200.000 sollen es insgesamt werden.

In einer stetig alternden Bevölkerung wächst auch die Zahl von Personen mit schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die durch Lungenerkrankungen, Erkrankungen des Nervensystems (bspw. Demenz oder Bewegungsstörungen) und andere altersbedingte Erkrankungen, wie rheumatische oder abbauende Erkrankungen des Bewegungsapparats, hervorgerufen werden.
Seit drei Jahren läuft die bislang größte bundesweite Gesundheitsstudie NAKO auch in Mecklenburg-Vorpommern. Die Untersuchungsteams haben im Hauptzentrum in Neubrandenburg sowie in den temporären Studienzentren in Waren (Müritz) und Neustrelitz inzwischen 10.000 Menschen auf Herz und Nieren geprüft, 3.000 davon haben eine Magnetresonanztomographie erhalten. Gesundheitsminister Harry Glawe informierte sich heute im Hauptuntersuchungszentrum in Mecklenburg-Vorpommern, im Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg, über die Halbzeitbilanz des nordöstlichen Studienzentrums.
"Die größte Gesundheitsstudie Deutschlands wird maßgeblich auch mit dem Know-how aus unserem Bundesland organisiert und durchgeführt. Verlässliche Daten sind für eine nachhaltige Gesundheitsförderung und Krankenversorgung unabdingbar. Diese erhalten wir durch die Untersuchungen. Die langjährige erfolgreiche Bevölkerungsforschung am Institut für Community Medicine an der Universitätsmedizin Greifswald war ein entscheidender Grundstein für das Mammut-Projekt. Die Politik braucht diese wissenschaftlich fundierten Studien, um die notwendigen Programme für eine bessere Förderung und Versorgung der Bevölkerung umzusetzen", betonte Gesundheitsminister Harry Glawe. "Jeder Bürger, der an der Studie teilnimmt, leistet damit auch einen persönlichen Beitrag für den medizinischen Fortschritt."
"Die Erstuntersuchung der 20.000 Teilnehmer mit 6.000 MRT-Probanden in Mecklenburg-Vorpommern soll bis zum April 2018 abgeschlossen werden", kündigte der NAKO-Studienleiter in Mecklenburg-Vorpommern, Prof. Henry Völzke von der Universitätsmedizin Greifswald, an. "Das klingt ambitioniert, ist aber zu schaffen. Im Mai 2014 sind wir mit der Testreihe, Probephase und den ersten Untersuchungen gestartet. Seit gut einem halben Jahr laufen wir auf Vollbetrieb mit optimaler Auslastung", so Völzke. Heute werden täglich bis zu 35 Teilnehmer in beiden Studienzentren und bis zu elf Teilnehmer im MRT-Zentrum untersucht.
Parallel dazu werden bereits die ersten Folgetests ab Mai 2018 geplant. "Das bedeutet, nach vier bis fünf Jahren werden die Teilnehmer der Erstuntersuchung erneut eingeladen, um den Verlauf ihrer gesundheitlichen Entwicklung verfolgen zu können", so Völzke.
Eine Besonderheit und ein Alleinstellungsmerkmal der NAKO-Studienregion MV sind die temporären Untersuchungszentren in der Region Mecklenburgische Seenplatte, welche parallel zum ständigen Studienzentrum betrieben werden und nach einer bestimmten Zeit den Ort wechseln.
Gestartet wurde im Mai 2014 in Neustrelitz. Seit Mai 2016 und bis zum Juli dieses Jahres ist die NAKO-Außenstelle noch in Waren (Müritz) beheimatet und wird anschließend bis zum April 2018 nach Demmin umziehen. Die Organisation der beiden Studienzentren liegt bei der Universitätsmedizin Greifswald.
Zehn Prozent der Probanden der nationalen Langzeit-Bevölkerungsstudie werden aus dieser Region kommen, das sind 20.000 der insgesamt 200.000 nach dem Zufallsprinzip ausgesuchten Teilnehmer. "Die Erfahrungen aus der ersten Halbzeit in MV zeigen deutlich, dass sich die temporären Studienzentren positiv auf die Teilnahmebereitschaft auswirken. Eine Stärke der Studie in der Fläche sind klar die kurzen Wege für die Studienteilnehmer in der Region", unterstrich Dr. Sabine Schipf, die als Studienzentrumsleiterin das 60-köpfige NAKO-Team MV koordiniert.
An allen 18 Zentren wirken insgesamt rund 600 Mitarbeiter in den unterschiedlichsten Berufen, so unter anderem als Untersucher, Dokumentations- und Laborassistenten, Wissenschaftler, Ärzte, aber auch Studierende.
Gegenwertig ist die Qualitätssicherung und Freigabe der Daten der ersten 100.000 Teilnehmer für die Veröffentlichung wissenschaftlicher Auswertungen in Vorbereitung. "Damit ist ein weiterer Meilenstein der NAKO auf dem Weg der innovativen Gesundheitsforschung erreicht. Die internationale Wissenschaft wartet nicht nur mit großem Interesse auf die ersten konkreten Ergebnisse", sagte der Stellvertretende Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin Greifswald, Prof. Karlhans Endlich. "Die hochqualitative Datenbasis wird in Form von verschlüsselten Werten auch für die Wissenschaft zur Verfügung stehen. Dafür wird gegenwärtig eine Transferstelle vorbereitet."
Die Transferstelle der NAKO ist eine Einrichtung, bei der Forscher Daten und Bioproben für ihre Vorhaben beantragen können. Für nationale und internationale Forschungsvorhaben werden die Bioproben aus dem zentralen Bioprobenlager in München herausgegeben. Für die Lagerung der Bioproben unter standardisierten und qualitätsgesicherten Bedingungen investiert die NAKO in den Bau eines Biorepository, einer modernen Lagerungsstätte für ca. 21 Millionen Bioproben.
Das NAKO-Vorstandsmitglied Prof. Wolfgang Hoffmann vom Greifswalder Institut für Community Medicine ist für das zentrale Datenmanagement der NAKO und auch für die Entwicklung der entsprechenden IT-Infrastruktur der Transferstelle verantwortlich. "Die NAKO-Daten sind ein einzigartiger Fundus für die internationale Wissenschaft, der eine Vielzahl von innovativen Möglichkeiten zur Erforschung von neuen Behandlungsmethoden in der Medizin eröffnen wird", erklärte Hoffmann.
Die Gesundheitsstudie wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, den beteiligten Ländern und der Helmholtz-Gemeinschaft gefördert. 210 Mio. Euro stehen für die ersten zehn Jahre zur Verfügung. Zum Vergleich: Allein die Ausgaben für die Behandlung von Volkskrankheiten betragen jährlich ca. 80 Mrd. Euro.
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