Politik

DEKV fordert 600 Mio. Euro als Anschubfinanzierung für demenzsensible Krankenhausversorgung

Anlässlich der bundesweiten Woche der Demenz und des morgigen Welt-Alzheimertages fordert der Deutsche Evangelische Krankenhausverband (DEKV) eine Anschubfinanzierung für die Etablierung der demenzsensiblen Versorgung in den Krankenhäusern. Laut Statistischem Bundesamt werden 85 Prozent mehr Alzheimer-Patienten im Krankenhaus behandelt als vor 15 Jahren, die Alzheimer-Gesellschaft geht von einer noch weit größeren Zahl aus.

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Die Woche der Demenz findet in diesem Jahr vom 18. bis 24. September statt, rund um den Welt-Alzheimertag am 21. September herum. Ziel der Aktion ist es, über die Erkrankung aufzuklären und auf die speziellen Bedürfnisse demenzkranker Menschen sowie ihrer Angehörigen aufmerksam zu machen. Der DEKV hat im Frühjahr 2017 ein eigenes Projekt zum Thema Demenz initiiert, um mittels Wissenstransfer und Good Practice-Beispielen die Qualität der demenzsensiblen Versorgung in seinen Mitgliedseinrichtungen nachhaltig zu optimieren. 

"Der demografische Wandel hat zur Folge, dass wir in der Zukunft immer mehr hochbetagte und demenzkranke Patienten im Krankenhaus versorgen werden. Demenzerkrankungen bringen für die Betroffenen und ihr Umfeld immense körperliche und auch seelische Belastungen mit sich. Evangelischen Krankenhäusern ist es ein wichtiges Anliegen, diese Patienten und ihre Angehörigen fachlich und menschlich optimal zu versorgen", sagt der DEKV-Vorsitzende Christoph Radbruch. "Wir begrüßen, dass sich auch die Politik verstärkt den Bedürfnissen älterer und multimorbider Patienten widmet – die Erprobung von Qualitätsverträgen in sensiblen Bereichen wie der Prävention des postoperativen Delirs älterer Patienten ist ein gutes Beispiel dafür. Aber die Kliniken brauchen auch eine verlässliche und ausreichende Finanzausstattung, um demenzsensible Infrastrukturen einzurichten und die Mitarbeitenden aller Bereiche für den Umgang mit demenzkranken Patienten zu schulen. Evangelische Kliniken finanzieren diese Leistungen momentan aus eigenen Mitteln, die aktuell nicht ausreichend refinanziert sind. Deshalb fordern wir eine bundesweite Anschubfinanzierung in Höhe von 600 Millionen Euro für alle Krankenhäuser, die sich in der Versorgung demenzkranker Patienten verstärkt engagieren wollen", betont Radbruch.

Empfehlungspapier des DEKV für demenzsensible Krankenhäuser:  Im Rahmen des DEKV-Projektes "Wissenstransfer: Demenzsensibles Krankenhaus" hat der DEKV im Mai 2017 eine Fachtagung durchgeführt, bei der sich Praktiker und Experten aus evangelischen Krankenhäusern austauschen und Good Practice-Beispiele vorstellen konnten. Schwerpunktthemen waren die medizinische und pflegerische Versorgung demenzkranker Patienten, die Prävention und Diagnostik des Delirs bei älteren Patienten sowie die Kommunikation unter den Mitarbeitenden im Krankenhaus. Darüber hinaus veröffentlichte der DEKV das Empfehlungspapier "Auf dem Weg zu einem demenzsensiblen Krankenhaus", um demenzsensible Strukturen in evangelischen Krankenhäusern zu etablieren und die Versorgungs- sowie Arbeitsqualität weiter zu verbessern. Das Projekt wurde gefördert von der Robert Bosch Stiftung. Das Empfehlungspapier des DEKV steht hier zum Download bereit.

  • Fast doppelt so viele Patienten wie vor 15 Jahren werden wegen Alzheimer im Krankenhaus behandelt. Das hat das Statistische Bundesamt anlässlich des Welt-Alzheimertages am 21. September ausgerechnet. Im Jahr 2015 wurden insgesamt 19.049 Patienten mit der Diagnose Alzheimer in Kliniken behandelt. "Damit ist die Zahl der stationär behandelten Fälle in den letzten 15 Jahren insgesamt um 85 Prozent angestiegen", berichtete Destatis-Mitarbeiter Torsten Schelhase am Dienstag. Dabei gab es deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Bei Männern betrug der Anstieg seit dem Jahr 2000 sogar 125 Prozent, wie die Wiesbadener Behörde berichtete. Bei den Frauen waren es im gleichen Zeitraum nur 65 Prozent mehr.
  • Winfried Teschauer, Vorstandsmitglied der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft, findet die Zahl «irreführend». In Wahrheit würden «mindestens 50 Mal so viele» Patienten mit Demenz in Kliniken aufgenommen. Er beruft sich auf eine Studie der Robert Bosch Stiftung. Der Grund für die Abweichung zu den Zahlen der Statistiker liege in der Diagnose, die das Krankenhaus für die Abrechnung mit den Kassen eintrage. Nur selten sei die Demenz selbst die Hauptdiagnose, meist seien es deren Folgen. «Oberschenkelhalsbruch nach einem Sturz ist der Klassiker», sagt Teschauer. Aber auch «alle anderen Krankheiten, die alte Menschen so haben», von der Lungenentzündung bis zu Herzproblemen, könnten Grund für einen Krankenhausaufenthalt sein. Eingetragen – und danach von der Statistik erfasst – würde aber nur «die erlös-relevante Diagnose», sagt Teschauer. «Dass der Patient darüber hinaus auch dement ist, wird nicht eingetragen und oft auch nicht weiter beachtet.» Genau das sieht der Neurobiologe als Problem. Demente Patienten zeigten im Krankenhaus noch stärker als in ihrer gewohnten Umgebung «herausfordernde Verhaltensweisen».