Politik

Diakonie fordert einheitliche Maßstäbe bei BTHG-Umsetzung

Menschen mit Behinderungen sollen soweit wie möglich am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Das neue Bundesteilhabegesetz (BTHG) soll ihre Rechte stärken. Es dürfe aber nicht passieren, dass in den Kommunen unterschiedliche Maßstäbe angelegt würden, sagte der Vorstand der Diakonie Baden, André Peters, am Montag in Karlsruhe.

- André Peters, Vorstand für Wirtschaft und Finanzen der Diakonie Baden, sieht auch das Land beim BTHG in der Pflicht.Foto. Diakonie Baden

Bei der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) für Menschen mit Behinderung fordert die Diakonie einheitliche Regeln in Baden-Württemberg. Es dürfe nicht passieren, dass in den Kommunen unterschiedliche Maßstäbe angelegt würden, sagte André Peters, Vorstand für Wirtschaft und Finanzen der Diakonie Baden, am Montag in Karlsruhe: Jeder müsse die gleichen Leistungen erhalten, egal wo im Land er wohne.

Mit der Übertragung von Regelungsaufgaben auf die Länder hat es sich der Bund aus Sicht der baden-württembergischen Behindertenbeauftragten Stephanie Aeffner recht einfach gemacht. Das Land müsse bestimmen, wer ab 1. Januar 2018 Träger der Eingliederungshilfe werde. "Jetzt ist ganz entscheidend, dass für alle einheitliche Regeln zur Bedarfsbemessung bestimmt werden." Es seien Veränderungen nötig, denn aktuell würden Betroffene oft in Hilfebedarfsgruppen eingestuft. "Aus meiner Sicht ist das keine individuelle Bedarfsfeststellung", kritisierte Aeffner. Der durch das BTHG vorgegebene Zeitrahmen zur Regelung bis zum Jahresende sei eng.

Das BTHG, das die Rechte Behinderter stärken soll, gilt seit Jahresanfang. Unter anderem wird der Eigenanteil zur sogenannten Eingliederungshilfe gesenkt, so dass Behinderte mehr Geld von ihrem Einkommen behalten können. Außerdem kann jetzt ein deutlich größerer Betrag gespart werden, etwa zur Altersvorsorge. Experten aus der Praxis sehen auch Schwachstellen. "Vieles ist nicht verbessert worden, wie das Poolen von Leistungen", sagte die kommunale Inklusionsvermittlerin der Gemeinde Schallstadt (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald), Barbara von Greve. So könnten Behinderte bestimmte Leistungen  wie etwa einen Kinobesuch nur gemeinschaftlich in Anspruch nehmen. Aus ihrer Sicht gibt es aber auch ein grundsätzliches Problem: "Der Paradigmenwechsel der UN-Behindertenrechtskonvention ist überhaupt nicht im Bewusstsein der allermeisten Menschen angekommen."

Mit der Verabschiedung des BTHG ist das Land nach Angaben der Diakonie aufgefordert, den Träger der Eingliederungshilfe neu festzulegen und eine Arbeitsgemeinschaft aus Landesvertretern, Trägern der Leistungserbringer und Betroffenen einzuberufen. Die Diakonie forderte das Land auf, dieses Gremium zu nutzen, um die Qualität der der Eingliederungshilfe im Sinne der Betroffenen weiterzuentwickeln.

Ein Sprecher des Sozialministeriums sagte, Baden-Württemberg habe mit großem Engagement gemeinsam mit weiteren Ländern im Bundesratsverfahren viele Verbesserungen im BTHG erwirkt. "Mit dem gleichen Engagement werden wir nun mit allen Beteiligten des Versorgungssystems sprechen und auf dieser Grundlage eine sachgerechte Umsetzung für Baden-Württemberg erarbeiten." Allerdings sei auch zu berücksichtigen, dass in Bereichen des BTHG, die in die kommunale Zuständigkeit fallen, das Land nur eine moderierende Funktion übernehmen könne.

In Baden-Württemberg wurden nach Zahlen des Statistischen Landesamtes 2015 rund 1,5 Mrd Euro für Eingliederungshilfe ausgegeben, das waren rund 56 Prozent der Sozialhilfeausgeben. Die Eingliederungshilfe soll eine Behinderung abwenden, beseitigen oder mildern helfen.