Politik

Kongress: Politik muss vielfältige Wohn- und Pflegeformen ermöglichen

Konkret: Die neue Regierungskoalition CDU/FDP in NRW kündigt eine Stärkung der stationären Einrichtungen und die Förderung der Investitionsbereitschaft an. Generell: Eine Änderung der politischen Rahmenbedingungen ist immer auch eine Herausforderung für die Akteure im Pflegemarkt. Wie sich die Branche aktuell auf die neuen Entwicklungen einstellen sollte, ist das Thema beim 11.soleo-Kongress am 11. Juli in Kevelaer. CARE INVEST befragte vorab Prof. Kurt Dorn und Ralf Weinholt, die Geschäftsführenden Gesellschafter von soleo und Initiatoren des Kongresses. 

- v.l.: Ralf Weinholt und Prof. Kurt Dorn, Geschäftsführende Gesellschafter von soleo und Initiatoren des Kongresses.Foto: H. Göpel / CARE INVEST

Gesundheit und Pflege sind einem ständigen Wandel unterlegen. Alles ist im Fluß stets mit dem Ziel, Versorgung und Leistungsqualität zu verbessern. Neues schaffen, Bewährtes erhalten und weiterentwickeln sind die Wege zum Erfolg. Die Soleo* Gesellschaft (Geschäftssitz in Kevelaer und Büros in Düsseldorf und Stuttgart) will als Experte in Beratung und Planung für Sozial- und Gesundheitsimmobilien beide Wege verbinden. Die sektoralen Systeme mit einer Aufteilung der Dienstleistungen in stationär, teilstationär und ambulant werden fließender und verlieren an Konturen. Die interdisziplinären Fachdialoge gewinnen damit an Bedeutung. Der soleo-Kongress, der in diesem Jahr zum 11. Mal wieder in Kevelaer stattfindet, bietet hierfür eine Plattform..

1.    Herr Prof. Dorn, Sie werden über "Bewegungen im Sektor Sozialimmobilie" berichten. Was nehmen Sie da gerade wahr? Stillstand ist kein Merkmal im Pflegemarkt. Die Sozialimmobilien unterliegen einem ständigen Wandel. Bereits 2011 hat soleo* Hybrid-Konzepte für Pflegeeinrichtungen vorgestellt. Aktuell ist die Realisierung dieser Konzepte bundesweit festzustellen. Damit werden die Übergänge zwischen stationärer, teilstationärer und ambulanter Pflege fließender und dem Aspekt des Wohnens wird eine stärkere Bedeutung beigemessen. Die Wohn- und Lebensqualität wird in den Fokus gerückt und beeinflusst auch Planung und Bau.

Die wesentlichen Aspekte, die zukünftig für Planen und Bauen von Sozialimmobilien  an Bedeutung gewinnen, sind folgende:

  • Wohnen mit individuell wählbaren Versorgungsangeboten, 
  • barrierefreies Wohnen,
  • selbstbestimmtes Wohnen in Unterstützung mit Technik,
  • energieeffizienter Umbau und Modernisierung,
  • auf den Standort abgestimmte quartiersbezogene Wohn- und Versorgungsangebote mit "hybriden Konzepten",
  • vielfältige Innovative Wohnformen für vielfältige Lebenspläne und individuelle Wünsche.

Die inhaltlichen, konzeptionellen Veränderungen schlagen sich auch auf dem Sozialimmobilienmarkt nieder. In den vergangenen 9 Monaten haben wir für Investoren eine Vielzahl technischer Due Dilligence erstellt. Dabei wird deutlich, dass derzeit hauptsächlich Paketverkäufe ab 10 Einrichtungen auf dem Markt sind. Es zeigt sich auch, dass von der Käuferseite immer stärker Häuser mit spezifischen Angeboten gesucht und nachgefragt werden. Das ist wohl als Zeichen einer Diversifizierung und damit Risikostreuung bei dieser Immobilienart zu verstehen. 2.    Herr Weinholt, nach der Wahl in NRW hat die designierte neue Landesregierung im Koalitionsvertrag angekündigt, die APG DVO überarbeiten zu wollen. Wo müsste da angesetzt werden? Wenn ich den  Koalitionsvertrag richtig verstehe, soll die zukünftige Aufgabe darin gesehen werden, "das Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen und die entsprechende Durchführungsverordnung im Hinblick auf eine Benachteiligung stationärer Einrichtungen und eine Reduzierung der Investitionsbereitschaft" zu verbessern. Um dieses zu erreichen muss die Abschreibung von 2% auf mindestens wieder 3% angehoben werden. Gleichzeitig wird festgestellt "wohnortnahe Angebote…sollen den Verbleib im bekannten Wohnumfeld möglichst lange sicherstellen".  Die Sozialimmobilien unterliegen einem steten Wandel und stehen in der Regel alle 10 Jahre vor neuen baulichen Herausforderungen im Rahmen von Umbau und Anpassungsmaßnahmen. Innovative Wohn- und Pflegeangebote,  etwa als kleine Einrichtungen mit "hybriden Konzepten", sind unter den aktuellen Rahmenbedingungen wirtschaftlich kaum zu realisieren. Die hohen baulichen Anforderungen insbesondere unter Beachtung von Barrierefreiheit, Wohnqualität, Sicherheitstechnik, Versorgungstechnik u.v.m. sind mit den anerkennungsfähigen Baukosten und Rahmenbedingungen gem. APG DVO nicht zu finanzieren.

3.    Sie sind mit der soleo ja bundesweit tätig. Als Gastredner aus der Politik haben Sie in diesem Jahr BMG-Chef Hermann Gröhe gewinnen können. Was wollen Sie ihm, nach PSG I bis III, für die nächste Legislaturperiode mitgeben? Die Vorrangigkeit ambulant vor stationär ist eine Prämisse, die alle Pflegestärkungsgesetze prägen. Gleichzeitig wird festgestellt, dass die stationäre Pflege auch zukünftig ihre Berechtigung hat. Veränderte Entwicklungen führen dazu, dass Menschen erst im hohen Alter mit zunehmend steigender Pflegebedürftigkeit oft am Lebensende die stationäre Pflege beanspruchen. Für die Pflegeeinrichtungen sind damit nicht nur höhere personale und sachbezogene Anforderungen verbunden, sondern auch Anpassungen im Raumprogramm sowie bei Ausstattung und Gestaltung. Die Politik auf Bundes- und Landesebene muss die Pflegeeinrichtungen fördern und stärken, sie muss Anreize für investive Massnahmen schaffen, damit die anstehenden Anforderungen gemeistert werden können.

Der 11. soleo-Kongress findet am 11. Juli im Konzert- und Bühnenhaus der Stadt Kevelaer statt. Infos: info@soleo-gmbh.de