Unternehmen
Messe Altenpflege: Digital Natives machen mobil
Die Branche öffnet sich immer weiter für komplexe Lösungen. Softwarehersteller gehen verstärkt auf Pflegeschüler zu. Aber auch für viele Betreiber und Investoren wird das Thema immer interessanter.

Sie sind knallharte Konkurrenten, kämpfen um jeden Kunden – und doch wirkt es beinahe, als hätten sie sich abgesprochen. Die Essener Softwareschmiede opta data und der selbsternannte Branchenprimus MediFox aus Hildesheim haben es gezielt auf die Jüngsten in der Pflegebranche abgesehen. Sie haben erkannt: Auszubildende sind die Kaufentscheider von morgen. Und diese Auszubildenden trifft man auf der Altenpflegemesse in Hannover oder direkt in den Pflegeschulen.
"Digitale Erfassungssysteme sollten ein selbstverständlicher Bestandteil der Pflegeausbildung werden", sagt Marc Schlottig, Leiter Produktmanagement bei der MediFox GmbH. Dafür seien sowohl die Ausbildungsstätten als auch die Industrie gefragt. "Wir von MediFox haben bereits Kooperationen geschlossen und werden unsere Aktivitäten in diesem Bereich künftig noch ausweiten", so Schlottig.
Auch bei opta data will man von Anfang an dazu gehören. "Den Kontakt zur heranwachsenden Generation der Digital Natives zu halten und mit ihren Anforderungen zu wachsen, wird eine der wesentlichen Aufgaben der kommenden Jahre sein", sagt Mark Steinbach, Geschäftsführer der opta data Gruppe. Als Softwareanbieter sei es daher wichtig, Nachwuchskräfte schon während ihrer Ausbildung abzuholen und mit den Herausforderungen des zunehmend digitalen Arbeitsalltags vertraut zu machen. Sein Unternehmen arbeite eng mit Pflegefachschulen zusammen. "Das gewährleistet einen optimalen Theorie-Praxis-Transfer für beide Seiten", sagt Steinbach.
Iris Christiansen, Geschäftsführerin der DAN Produkte GmbH, sieht das auch so. "Die junge Generation ist mit verschiedenen modernen Informationstechnologien aufgewachsen, daher fällt ihr der Umgang mit Softwareprodukten wesentlich leichter." Wohl alle Hersteller müssen sich aber der Herausforderung stellen, dass jeder die Software bediene kann – auch nicht softwareaffine Mitarbeiter jeden Alters.
"Wenn Mitarbeiter Schwierigkeiten beim Umgang mit der Technik haben, dann liegt das häufig nicht an ihnen, sondern an der eingesetzten Technik", bestätigt auch Dr. Thorsten Schliebe, Geschäftsführer der MediFox GmbH. MediFox setzt auf eine intuitive Bedienung. Das sorge für hohe Akzeptanz bei den Mitarbeitern.
Der Markt für attraktive digitale Lösungen wächst. So sind mittlerweile viele tausend Smartphones – das Statussymbol der jungen Generation – im pflegerischen Alltag im Einsatz. "Wir machen das an unseren Verkaufszahlen fest. Die Nachfrage nach unseren mobilen Lösungen mit Smartphones und Tablets ist im Jahr 2017 so stark gestiegen wie nie", sagt Christian Städtler, Geschäftsführer der MediFox GmbH.
Die Entwicklung bildet sich auch beim Softwarehersteller Euregon ab. Im Jahr 2010 waren rund 10 000 Anwender mit mobilen Geräten von Euregon unterwegs. 2017 waren es schon 30 000 Smartphones. Und das, obwohl die digitale Infrastruktur mit den Markterfordernissen gerade im ländlichen Bereich nicht schritthält. Noch immer gibt es zu viele Funklöcher in Deutschland. Dafür gibt es schon länger Lösungen. "Ein Vorteil ist bis heute, dass während der Hausbesuchstour keine Netzverbindung notwendig ist, nur kurz zu Beginn und Ende einer Tour", sagt Johann Hofmann, Marketingchef bei Euregon über sein Produkt. Ein Standard, den mittlerweile die allermeisten bieten.
Die Pflegebranche und deren gesetzliche Rahmenbedingungen unterliegen einem stetigen Wandel. Mit den daraus folgenden steigenden Anforderungen an die Pflegebetriebe nehmen auch die Anforderungen an die genutzte Software zu. Das Ziel, Arbeitsprozesse zu optimieren und so die Arbeits- und Versorgungsqualität zu steigern, rückt zunehmend in den Fokus. Um Fehler zu vermeiden und den Verwaltungsaufwand möglichst gering zu halten, wünschen sich Anwender einen Ort, an dem alle digitalen Arbeitsprozesse gebündelt zusammenlaufen.
"Schon heute entscheiden sich die Inhaber von Pflegediensten verstärkt für den Einsatz von Komplettlösungen aus einer Hand, die den gesamten Arbeitsprozess eines Pflegedienstes begleiten und abbilden", sagt Andreas Fischer Geschäftsführer der opta data. Nur so könnten Fehler aufgrund von Medienbrüchen vermieden und eine flexible Anpassung an die Bedürfnisse der Nutzer gewährleistet werden. "Wir erwarten, dass sich dieser Trend fortsetzen wird und arbeiten daher verstärkt an der Implementierung von Schnittstellen und der Weiterentwicklung unserer All-in-One-Lösungen", so Steinbach.
Dass die Zukunft in der Cloud liegt, postulieren Softwareanbieter seit einigen Jahren. Daten werden nicht mehr aus einem Server im Unternehmen abgelegt, sondern auf einem externen Speicherort, zu dem man über das Internet Zugriff hat. Das Thema Datenschutz war in diesem Zusammenhang ein dringliches Thema. Mittlerweile haben offenbar die Softwareanbieter hier Vertrauen geschaffen. Sie können sich den eigentlichen Chancen der Cloud zuwenden.
Ein Beispiel dafür ist die Facits GmbH aus Freiburg. Sie setzt auf die elektronische Patientenakte. Das Prinzip: Werden Patientendaten in einer Cloud gespeichert, können Ärzte, Apotheken oder Pflegedienste darauf zugreifen. Was aber erwarten sich die Pflegedienste überhaupt von einer Patientenakte? Dieser Frage geht aktuell eine Studentin der Uni Freiburg in ihrer Masterarbeit nach. Zusammen mit der factis GmbH ist man den ersten Schritt gegangen und hat die Akte CGM Life für die Pflege angebunden. Erste Ergebnisse der Untersuchung werden auf der Altenpflegemesse präsentiert.
Ein erster Blick in die Auswertung zeigt: 60 Prozent der befragten Leitungskräfte in Pflegediensten sind der Meinung, dass eine elektronische Patientenakte die Zusammenarbeit mit ihnen und den Ärzten "ganz sicher" verbessern könne. Nur 13,9 Prozent denken, es könne die Zusammenarbeit "keinesfalls" oder "eher nicht" verbessern und 21 Prozent sind unschlüssig. So sind die meisten auch sicher, dass sie die Patientenakte gerne nutzen würden.
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