Politik

Neuer Mindestlohn Pflege ab 1.1.18 steht fest

Die von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) einberufene Kommission hat heute höhere Mindestlöhne in drei Stufen, erstmals zum 1.1.2018, verkündet. Der neue Pflege-Mindestlohn für Pflegehilfskräfte und Betreuungskräfte beträgt in seiner Endstufe ab Januar 2020 dann in Deutschland-West 11,35 Euro und im Osten 10,85 Euro.

- Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles: "Ich freue mich, dass sich die Pflegekommission auf höhere Mindestlöhne geeinigt hat."Foto: BMAS

Der Pflege-Mindestlohn beträgt aktuell in Deutschland-West 10,20 Euro, in Deutschland-Ost sind es 9,50 Euro. 

Die einstimmige Empfehlung der Kommission lautet: Der Pflegemindestlohn soll am 1.1.2018 im Westen von 10,20 € auf 10,55 €, im Osten von 9,50 € auf 10,05 € steigen. Zum 1.1.2019 steigt er im Westen auf 11,05 € und im Osten auf 10,55 €. Ab 1.1.2020 soll er dann im Westen 11,35 € und im Osten 10,85 € betragen. Darauf haben sich die Vertreter kirchlicher Dienstgeber und Dienstnehmer sowie kommunale und privat-gewerbliche Arbeitgeberverbände und Vertreter der Gewerkschaft ver.di in der dritten Pflegekommission in einer gemeinsamen Empfehlung geeignet. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bringt nun auf Grundlage der heute beschlossenen Empfehlung eine Rechtsverordnung für die Pflegebranche auf den Weg.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles: "Ich freue mich, dass sich die Pflegekommission auf höhere Mindestlöhne geeinigt hat. Pflege ist kein Beruf wie jeder andere. Sie ist Dienst vom Menschen am Menschen und zentral für unsere älter werdende Gesellschaft. Der Bedarf an guter, qualifizierter und motivierter Arbeit wächst in allen Pflegebereichen. Der Mindestlohn ist ein Beitrag dazu, die Qualität in diesem Berufsfeld zu sichern und faire Wettbewerbsbedingungen für die Einrichtungen zu schaffen."

Rainer Brückers, Beauftragter des BMAS für die Pflegekommission: "Diese Empfehlung wurde von der Kommission einstimmig getroffen. Der in 2010 in der Pflegebranche eingeführte Mindestlohn hat sich bewährt. Das haben die Erfahrungen in den vergangenen Jahren gezeigt. Es ist daher ein wichtiges Signal für die Branche, dass die Pflegekommission wiederum ein einvernehmliches Ergebnis zur Anpassung der Pflegemindestlöhne erzielt hat.

bpa Arbeitgeberpräsident und Kommissionsmitglied Rainer Brüderle: "Gemeinsam haben wir uns in der Kommission auf die Empfehlung für einen höheren Pflegemindestlohn ab dem 1.1.2018 verständigt. Das ist eine gute Nachricht für die vom Mindestlohn betroffenen Pflegekräfte. Dies schafft Planungssicherheit für alle Arbeitgeber in der Pflegebranche. Gleichzeitig haben wir in drei Punkten ein kräftiges Ausrufezeichen für die wirtschaftliche Vernunft gesetzt. Der Pflegemindestlohn steigt angemessen, die regionale Differenzierung bleibt notwendig, aber der Unterschied zwischen Ost und West wird abgeschmolzen und wir haben aus den Verhandlungen um einen Mindestlohn keine staatlich einberufenen Ersatztarifverhandlungen gemacht.

Die Pflegemindestlohnverordnung werde laut Brüderle auch nicht mit weiteren Regelungen zu unterschiedlichen Mindestlöhnen nach verschiedenen Tätigkeiten, Mindesturlaub, Überstundenzuschläge und Urlaubsgeld überfrachtet. Diese bleiben feste Bestandteile von Tarifverhandlungen. "Damit hat die von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) einberufene Kommission, in der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite gleichermaßen vertreten sind, auch ein klares Bekenntnis zur Tarifautonomie abgegeben. Das ist auch angesichts des heraufziehenden Bundestagswahlkampfs ein starkes Zeichen", so Brüderle.

Thomas Greiner, der Präsident des Arbeitgeberverbandes Pflege (AGVP): ,,Ein höherer Pflege-Mindestlohn ist eine deutliche Anerkennung für die anspruchsvolle und auch körperlich stark fordernde Arbeit in der Altenpflege. Eigentlich sind die Zahlen zu hoch. Sie werden die ambulanten und stationären Einrichtungen stark belasten und zu höheren Zuzahlungen der Pflegebedürftigen führen. Unabhängig davon tragen wir die neuen Erhöhungen mit. Einen Nachholbedarf gibt es in Zukunft absolut nicht mehr. Die Einigung auf einen neuen Pflege-Mindestlohn bedeutet für mich aber auch eine klare Absage an alle Bestrebungen, in den nächsten Jahren flächendeckende, allgemeinverbindliche Tarifverträge durchdrücken zu wollen. Die Tarifautonomie ist ein hohes Gut."

Der AGVP fordert zudem, dass sich die Zusammensetzung der Kommission für die Zukunft ändern müsss. 54 Prozent der Pflegeheime und Pflegedienste in Deutschland werden heute von privaten Anbietern betrieben. "Die Privaten sorgen für eine flächendeckende Versorgungssicherheit in der Altenpflege in Deutschland. Deshalb fordern wir künftig zwei von vier Sitzen auf der Arbeitgeberbank in der Pflege-Mindestlohnkommission."

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, begrüßt das Ergebnis der Pflegekommission: "Auch der Lohn ist entscheidend für die Attraktivität und den gesellschaftliche Stellenwert eines Berufes und einer Tätigkeit. Die Anerkennung der Arbeit in der Pflege muss verbessert werden, um mehr Menschen für die Pflege zu gewinnen. Von guter Pflege profitieren Pflegebedürftige und Angehörige, wie auch alle anderen Menschen in Deutschland." 

Thomas Sopp, Mitglied der Pflegekommission als Vertreter der Dienstgeberseite der Arbeitsrechtlichen Kommission der Diakonie Deutschland, betont: "Rund 230.000 Beschäftigte arbeiten in der Pflege der Diakonie. Obwohl Pflegehilfs- und Fachkräfte bei uns ohnehin deutlich über dem empfohlenen Satz des Pflegemindestlohns vergütet werden, begrüßen wir die neue Regelung. Sie schützt insbesondere Beschäftigte und Unternehmen in nicht tarif- oder kollektivrechtlichgebundenen Einrichtungen vor einer drohenden Lohnspirale nach unten. Wir freuen uns darüber, dass die Empfehlung einvernehmlich ausgesprochen wurde."

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hält die Einigung über die künftig geltenden Pflegemindestlöhne für akzeptabel, bedauert aber, dass es nicht gelungen sei, die Arbeitgeberseite von Mindestlöhnen für Pflegefachkräfte, der Einführung von 30 Tagen Urlaub und einer Gleichstellung der Pflegebeschäftigten in den ostdeutschen Bundesländern zu überzeugen. "Das Ergebnis ist vertretbar. Wichtig ist, dass es für diese verantwortungsvolle Pflegearbeit bei der Bezahlung wieder eine untere Haltelinie gibt, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler am Dienstag. "Angesichts des Fachkräftemangels ist es eine vertane Chance, nicht alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die das Entsendegesetz bietet, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Besonders angebracht wären aufgrund der oft hohen Belastung mehr Urlaubstage, denn vor allem private Pflegekonzerne gewähren ihren Beschäftigten nur die gesetzlich vorgeschriebenen 20 Urlaubstage", bedauerte Bühler. Auch seien die Arbeitgeber nicht davon zu überzeugen gewesen, die Lohnuntergrenzen in den ostdeutschen Bundesländern (ohne Berlin) endlich auf Westniveau anzuheben. "Wenn man die Pflege zukunftsfest machen will, kommt man an einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für die gesamte Branche nicht vorbei", resümierte Bühler.

Der Kommission gehören Vertreter der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite der privaten, öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Pflegeeinrichtungen an. Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite sind paritätisch in dem Gremium vertreten. In Bereichen, in denen der Pflege-Mindestlohn nicht gilt, muss der allgemeine Mindestlohn gezahlt werden. Dies ist beispielsweise in Privathaushalten der Fall.