Politik

NRW prescht vor: Kommunen künftig für Heimrecht zuständig

Die Kommunen sollen bei der Gestaltung der Pflegestruktur eine wichtigere Rolle einnehmen. Die Regelungen im PSG III reichen einigen Landesregierungen aber nicht. Noch vor der NRW-Landtagswahl am 14. Mai sollen nun entscheidende Weichen gestellt werden: Die Zuständigkeit für das Heimrecht geht nach der neuen APG-DVO-KPS vom Land auf die kommunale Ebenebürgernahe Versorgungsplanung in der Pflege ist das Ziel – andere Länder könnten nachziehen.

- Die neue APD-DVO-KPS soll gleich mehrere rechtliche Baustellen schließen.Abb.: Fotolia

Das PSG III hat bei den SPD-regierten A-Ländern im Bundesrat für Verstimmung gesorgt. Die Empfehlungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe sind nicht in dem Maß eingeflossen wie zuvor vereinbart. Das BMG hat gebremst und sich vehement gegen die verbindliche Planungshoheit der Kommunen bei der Entwicklung der Pflegestrukturen gewehrt. Die Zustimmung gaben sie nur, da bundesweit in 60 Modellkommunen eine stärkere Verantwortung der Kommunen ausprobiert werden soll. Das BMG geht intern aber davon aus, dass sich keine 60 Kommunen dafür finden lassen werden und stimmte dem Kompromiss beruhigt zu.

Das bekanntlich konsequent seine Pflegepolitik verfolgende NRW-Pflegeministerium bringt nun eine neue Verordnung auf den Weg, die das Versäumnis der schwarz-roten Bundesregierung korrigieren soll: die APG-DVO-KPS (APG-DVO-Kommunale Pflegesteuerung). Für die Überführung von Landes- in Kommunalrecht soll im Ministerium die Stelle eines LKA-Chefs eingerichtet werden (LKA = Landesausschuss kommunale Altenhilfe).

Inhaltlich geht es bei der APG-DVO-KPS um Folgendes:

  • Alle Träger und Betreiber der Bestandseinrichtungen der ambulanten und stationären Altenpflege zahlen 1% (freigemeinnützige) bzw. 1,5% (private) vom Umsatz in einen kommunalen Pflegestrukturentwicklungsfonds.
  •  Um die abgeführte Summe kontrollieren zu können, hat die zuständige kommunale Stelle (KPS) direkten Zugriff auf die Kostenrechnung der Unternehmen.
  • Aus dem Fonds werden Projekte zum Ausbau der Pflegestruktur vor Ort finanziert.
  • Im Gegenzug lässt die KPS-Stelle der Behörde neue Wettbewerber nur noch in Ausnahmefällen zu, um die Belegungsquoten der Bestandseinrichtungen zu sichern.
  • Wirtschaftsförderung NRW: Bei der Ausstattung der stationären Einrichtungen sind Möbelhersteller aus Ostwestfalen-Lippe zu bevorzugen – Ausnahmen nur mit Sondergenehmigung. Der Bestand an Altmöbeln wird nach Bulgarien bzw Sachsen-Anhalt entsorgt.
  • Da die bisherige Neuregelung der IK-Sätze für viel Unmut gesorgt hat, wird laut gut unterrichteter Quellen eine neue vereinfachte Regelung eingeführt: Hiernach rechnen alle Einrichtungen in NRW in diesem Jahr den einrichtungseinheitlichen I-Kostensatz (EEIK) in Höhe von 20,17 ab – um Klarheit zu schaffen, korrespondiert die Summe jeweils mit der Jahreszahl, steigt also jährlich um 1 Cent. Dieser EEIK sei ebenfalls an den kommunalen Pflegestrukturfonds (KPS) abzuführen. Im zweiten Schritt erstattet der KPS den jeweiligen Pflegeeinrichtungen die tatsächlich entstandenen investiven Kosten im Sinn von § 82 SGB XI. Begründung: Neben den zu begrüßenden bürokratischen Erleichterungen würden hierdurch bestehende Wettbewerbsverzerrungen aufgrund erheblich differierender I-Kostensätze beseitigt.
  • Zusätzlich wird eine Fachkraftquote von 50% für die als zuständig bezeichneten Mitarbeiter der Kommunalverwaltung eingeführt. Ihnen wird zuvor eine verpflichtende, generalistisch angelegte Weiterbildungsmaßnahme zum/zur KPS-Fachmann/KPS-Fachfrau vorgeschrieben. Der ursprüngliche Plan, diese Qualifizierung per E-Learning durchzuführen, wurde nach einer Bestandsaufnahme der veralteten IT-Strukturen in den Behörden fallengelassen.
  • Tritt im Rahmen der kommunalen Steuerung erhöhter Diskussionsbedarf mit den Anbietern ambulanter und stationärer Pflege aufgrund nicht nachvollziehbarer Planung auf, haben die Pflegedienstleister das Recht, eine Qualitätsprüfung der kommunalen Verwaltungen durch eine PDL (Prüfbehörde des Landes) zu verlangen.
  • Mit namhaften Sozialrechtlern wird derzeit noch diskutiert, ob diese Überprüfungen präventiv als Regelprüfung oder nur anlassbezogen durchgeführt werden sollen und der Schwerpunkt eher auf Beratung der kommunalen Stellen durch die Pflegeunternehmen liegen wird. Hier sollen Erfahrungen aus Rheinland-Pfalz einfließen.

Die geplante Verordnung hat das Zeug, Vorbild auch für andere Bundesländer zu sein – zumindest für die A-Länder und Bayern.