Politik

Rüddel: „Generalistik-Entwurf zunächst in einem Bundesland erproben“

Erwin Rüddel, Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Pflegepolitik, hat in einem Interview vorgeschlagen, die generalistische Pflegeausbildung nach dem parlamentarisch ins Stocken geratenen Pflegeberufereformgesetz zunächst in einem Bundesland zu erproben. Der Bund können sich an der Finanzierung beteiligen.

- CDU-Pflegepolitiker Erwin Rüddel: "Ohne ausreichende Diskussion der noch nicht vorliegenden Verordnungen wird der Bundestag nicht über das Pflegeberufereformgesetz abstimmen."

CDU-Pflegepolitiker Erwin Rüddel gilt als einer der Wortführer in der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag gegen das von der Bundesregierung geplante Pflegeberufereformgesetz mit der generalistischen Ausbildung. Von 1993 bis 2009 war er selbst Geschäftsführer und Mitgesellschafter der Senioren-Residenz Bad Arolsen GmbH und sieht durch den Entwurf aus dem BMG und BMFSFJ insbesondere die Altenpflegeunternehmen gefährdet.

In einem Interview mit der "Ärztezeitung" bietet Rüddel neue Vorschläge an, die verfahrene Situation um dieses umstrittene Gesetz wieder in bewegung zu bringen. Auszüge:

"Sollte die Reform der Pflegeberufe noch zu retten sein, müssen sich die Befürworter der Generalistik von einer bedingungslosen dreijährigen gemeinsamen Ausbildung lösen, die gerade in der Kinderkrankenpflege und Altenpflege Ängste und Vorbehalte auslöst."

"Derzeit haben viele Praktiker die Sorge, dass die Inhalte der Krankenpflege – bedingt durch EU-Vorgaben – die Reform dominieren und die Besonderheiten der Kinderkrankenpflege und der Altenpflege zu kurz kommen. Hinzu kommt, dass, während in der Krankenpflege überwiegend Abiturienten und Realschüler einen Abschluss machen, es in der Altenpflege ein wesentlich breiteres Spektrum an Bildungsabschlüssen – beginnend bei den Hauptschülern – und sehr viele Quereinsteiger gibt. Es besteht die Gefahr, dass sich Hauptschulabsolventen zukünftig seltener für eine Pflegeausbildung entscheiden werden, wenn sich das Ausbildungsniveau an die Krankenpflege anpasst."

"Ich halte es für denkbar, das Konzept des derzeitigen Gesetzentwurfs in einem Bundesland zu erproben. Da sowohl Gesundheits- wie auch Familienministerium bereit sind, jährlich bis zu 746 Millionen Euro aus der Pflegeversicherung für die generalistische Berufsausbildung bereitzustellen, könnten diesem Bundesland anteilig Mittel für die Erprobung zur Verfügung gestellt werden. Risiko und Kosten blieben überschaubar und man könnte in einigen Jahren evaluieren, ob sich die Ausbildungszahlen und das Lohnniveau in der Pflege in diesem Bundesland tatsächlich erhöht haben. Sollte das so sein, könnte das Modell innerhalb kurzer Frist auf ganz Deutschland ausgedehnt werden."

"Eine weitere Möglichkeit könnte eine integrierte Ausbildung sein, die zwei Jahre gemeinsames Lernen und im dritten Jahr auf die drei Berufe ausgerichtetes spezialisiertes Lernen beinhaltet, die ,2+1-Lösung‘. Wir würden einen evolutionären Wandel hin zu einer gemeinsamen Berufsausbildung erreichen, ohne die Pflegekräfte in den einzelnen Berufszweigen fachlich zu überfordern und ohne die völlige Aufgabe der jeweiligen beruflichen Identitäten. Eine Lösung, die auch den Vorstellungen von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden nahe kommt. Wir sollten das Risiko vermeiden, die bestehenden Strukturen völlig aufzugeben, ohne zu wissen, welche Folgen das für die einzelnen Pflegebereiche und letztlich für die Pflegebedürftigen haben wird."

"Bevor nicht eine aussagekräftigere Version der Verordnung vorliegt, kann meines Erachtens sowieso nicht über dieses Gesetz abgestimmt werden, da eben viele Details zu den Ausbildungsinhalten in der Verordnung und nicht im Gesetz geregelt werden. Die Zusage für eine umfassend ausformulierte Verordnung inklusive einer angemessenen Zeitspanne, diese zu diskutieren, habe ich schriftlich vom Bundesministerium für Gesundheit."

"Wir dürfen nicht eine Reform beschließen, die eventuell die Altenpflege nachhaltig schädigt, nur um fristgerecht gehandelt zu haben. Die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen in der Altenpflege brummt derzeit förmlich. Ich befürchte also eher umgekehrt, dass dieser Trend durch die geplante Generalistik gebremst werden könnte. Sollte es tatsächlich zu einem Scheitern kommen, wäre es wichtig, besonders die Altenpflege weiter zu entwickeln, um diese Berufsausbildung weiterhin zu stärken."