Politik

Sozialwirtschaft 2017: Jetzt Grenzen überwinden und bedarfsgerechte Angebote entwickeln

Das PSG II stellt in der Umsetzung viele Akteure der Sozialwirtschaft vor große Herausforderungen. Mit dem PSG III und dem BTHG stehen gleich die nächsten großen Veränderungen für die Branche an. Die Umwälzungen werden zudem durch eine schwieriger werden Personalsituation begleitet. Beim anstehenden contec forum 2017 soll ein gemeinsamer Blick auf die drängenden Fragen und Problemstellungen geworfen werden. CARE INVEST ist dabei und sprach vorab mit dem Veranstalter, contec-Geschäftsführer Detlef Friedrich, über besondere Themenschwerpunkte des Programm.

- Detlef Friedrich: "Die Aufhebung der Versorgungsgrenzen ist politisch lösbar - mit dem nötigen Willen."

Das 13. contec forum Pflege und Vernetzung findet am 25. und 26. Januar 2017 im Humboldt Carrè in Berlin unter dem Motto " Ambulant und stationär – Wie wächst zusammen, was zusammengehört?" statt. CARE INVEST ist wieder dabei und sprach bereits vorab mit dem Veranstalter, contec-Geschäftsführer Detlef Friedrich, über besondere Themenschwerpunkte des Programm.

Herr Friedrich, wie wächsen die Versorgungssektoren denn nun endlich zusammen?

Friedrich: Die Versorgungsgrenzen zwischen ambulanten, teilstationären und stationären Angeboten begrenzen uns in einer Vielzahl von sinnvollen Lösungen für die Assistenz, Betreuung und Pflege von Menschen. Diese Strukturen kommen aus der Vergangenheit, sie sind hausgemacht und damit politisch lösbar . Wir müssen also nicht weiter die heutige Rechtslage verkomplizieren, sondern uns trauen, in diesem Bereich Lösungen zu entwickeln, die den Bedarfen der Menschen entsprechen – sowohl pflegebedürftigen als auch pflegenden. Denn in der Regel sind es bürokratische Hürden oder Finanzierungsmodelle der Vergangenheit , an denen die Umsetzung zeitgemäßer Konzepte scheitert. Dabei machen vereinzelte Modelle im In- und Ausland es zum Teil ja schon seit Jahren vor: hybrider Personaleinsatz und die Nutzung gemeinsamer überregionaler Ressourcen ermöglichen Versorgungsstrukturen, die sich an die Lebenslage pflegebedürftiger Menschen anpassen und nicht umgekehrt. Dafür benötigen wir die Umsetzung von Komplexverträgen – auch zwischen verschiedenen Dienstleistern – und einen generellen Bürokratieabbau, was die Nachweisung und Abrechnung von Leistungen durch die Kassen angeht. Hier gibt es Ideen, wie die, die auf dem vorletzten contec forum schon vorgestellt wurden, und die jetzt langsam in eine breitere Diskussion kommen. Hierüber freue ich mich.

Erstmals haben Sie mit Jos de Blok einen Referenten aus den Niederlanden  im Programm. Was können wir von den Nachbarn lernen?

Friedrich: Der Erfolg von Buurtzorg fußt maßgeblich auf den Werten Eigenverantwortung und Selbstorganisation. Kleine Pflegeteams organisieren sich eigenständig und können so einen nachhaltigen und achtsamen Umgang mit Ressourcen gewährleisten. Das Konzept lebt zudem integrierter Versorgung in wohnortnahen Netzwerken . Kurze Wege und schlanke Entscheidungsprozesse ermöglichen so eine ganzheitliche und individuell abgestimmte Betreuung. Für uns sollte das zu der Überlegung führen, den Menschen im Job mehr Handlungsspielräume zu geben und Themen wie  Eigenverantwortung und Kontrolle  mit einem anderen Blick neu zu bewerten. Allerdings müssen wir auch aufpassen, keine Überforderungen zu produzieren.

Um verfügbare Ressourcen gegen den Fachkräftemangel zu heben, steht auch die starre Fachkraftquote von 50% auf dem zumindest gedanklichen Prüfstand. Ist sie denn notwendig?

Friedrich: In der jetzigen Form ist die Fachkraftquote eine reine Bürokratievereinfachung , die jeglicher wissenschaftsfundierter Grundlage entbehrt. Wir haben eine rein quantitative Quote, die Fachkräfte ungeachtet des jeweilig erforderlichen Professionenmixes nach dem Gießkannenprinzip verteilt. Sinnvoller wäre hingegen eine qualitative Quote, die einen zielgerichteten, bedarfsorientieren Einsatz von Fachkräften begünstigen würde. Erste Ansätze werden gemacht, mehr über Vorbehaltsaufgaben zu gehen und die Ergebnisqualität stärker in den Mittelpunkt zu stellen. Dies stellt allerdings die Aufsichtsorgane vor neuen Herausforderungen in der Qualifizierung, da es sich mit einer 50%-Quote sicherlich einfacher zählen lässt…

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