Politik
DEVAP und Caritas bemängeln fehlende Ausbildungs- und Prüfungsverordnung
Wenn ab 2020 alle Ausbildungen in der Pflege zusammengeführt werden sollen, werde die Zeit knapp. Wegen der verzögerten Regierungsbildung in Berlin fehlen nicht zuletzt die dringend erforderlichen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen für das Pflegeberufereformgesetz, kritisieren Träger und Verbände.

Dass die Umstellung ein Kraftakt werden wird, wurde jetzt auch auf drei Fachtagungen der Caritas in NRW deutlich. 450 Teilnehmer zeigten den deutlichen Willen, sich rechtzeitig darauf vorzubereiten. Allein in NRW betrifft der Abschied von den bislang getrennten Berufsbildern in der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege 40.000 Auszubildende. 350 Pflegeschulen, ebenso viele Krankenhäuser sowie rund 5000 Altenheime und Pflegedienste müssen ihre Ausbildungspläne neu ausrichten.
"Auch die Finanzierung, die bislang in zwei getrennten Systemen läuft und wesentlich geringere Beträge für die Altenpflege vorsieht, muss angepasst werden", erklärte Jörn Suermann, Referent des Diözesancaritasverbandes Münster. Damit die chronisch unterfinanzierten Fachseminare sich umstellen könnten, müsse aus Sicht der Caritas die Landesförderung nicht nur spätestens in 2019 von 280 auf den gegenwärtig kostendeckenden Satz von 490 Euro angehoben und zudem um eine Anschubfinanzierung ergänzt werden.
Die Caritas hat sich frühzeitig für die generalistische Ausbildung eingesetzt. Dass die gemeinsame Pflegeausbildung es künftig Mitarbeitern ermöglicht, zwischen den verschiedenen Arbeitsfeldern zu wechseln, sieht Dr. Elisabeth Fix vom Deutschen Caritasverband als großen Vorteil. Zudem werde der Beruf aufgewertet, weil künftig nur die Pflegefachkräfte den individuellen Pflegebedarf erheben und den Pflegeprozess steuern dürfen.
Allerdings sei die ursprünglich klare Linie im Gesetz durch einen Kompromiss verwässert worden, der die Umsetzung deutlich komplizierter mache: Nach zwei gemeinsamen Jahren könnten sich die Pflegeschüler unter bestimmten Voraussetzungen doch wieder spezialisieren. Davon rät die Caritas ab. Aber "wenn Auszubildende dieses Wahlrecht nutzen wollten, werden wir dies ermöglichen", erklärt Suermann.
Zusätzlich zur Umstellung der Ausbildung wolle die Politik eine deutliche Erhöhung der Kapazitäten, um die absehbar benötigten Pflegemitarbeiter ausbilden zu können: "Das unterstützen wir gerne, die Ausweitung darf aber nicht zu Lasten der Qualität gehen", warnte Suermann. Derzeit fehlten dafür noch die Investitionsmittel und zusätzliche Lehrkräfte. Genügend Bewerber zu finden, wird nach Ansicht der Caritas nur gelingen, wenn der Pflegeberuf attraktiver wird. Dafür sei die neue Pflegeausbildung ein Baustein.
Dr. Bodo de Vries, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Evangelischen Verbands für Altenarbeit und Pflege e.V. (DEVAP) und Vorstandsmitglied des Evangelischen Johanneswerk in Bielefeld erklärt zum aktuellen Umsetzungsstand des Pflegeberufereformgesetzes: "Um die Pflegeberufereform fristgerecht umzusetzen, benötigen die ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen und Pflegeschulen verlässliche Planungssicherheit inhaltlicher und finanzieller Art. Die umfangreichen Veränderungen führen zu neuen Lerninhalten, die von den Lehrenden in kompetenzorientierten zeitgemäßen Lernformen und in verschiedenen Pflegesettings vermittelt werden müssen. Um die notwendigen Anpassungen und Qualifizierungen der Lehrenden bis zu Beginn der neuen Ausbildung am 1. Januar 2020 zu gewährleisten, ist die zeitnahe Vorlage der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (APO) sowie ihre Verabschiedung durch den Bundestag und Bundesrat vor der Sommerpause 2018 ein zwingend notwendiger nächster Schritt. Auf Grundlage des Rahmenlehrplans, welchen eine Fachkommission im Anschluss an die Verabschiedung der APO mit einer gesetzlichen Frist bis zum 1. Juli 2019 gem. § 53 Abs. 2 PflBRefG erstellen soll, werden die Schulen ihre Curricula erarbeiten – hierfür brauchen die Fachkommission und auch im Anschluss unserer Pflegeschulen ausreichend Zeit, um am 1. Januar 2020 mit der neuen Ausbildung gut vorbereitet starten zu können. Auch vor dem Hintergrund des bestehenden akuten Fachkräftemangels in der Pflege, wäre eine Verzögerung ein fatales Signal: viele Jahre bestand Unsicherheit auch für potentielle Bewerber, weil nicht klar war, wohin sich die Pflegeausbildung in Deutschland entwickeln wird. Zur Gewinnung von Auszubildenden müssen Schulen und auch Träger jetzt Planungssicherheit haben, um werben zu können."
Mit diesem Apell ist der DEVAP auch direkt an das Bundeskanzleramt und die zuständigen Staatssekretäre im Bundesministerium für Gesundheit und im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend herangetreten.
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