Politik

Heil- und Hilfsmittelreform: Kassen müssen Wahlmöglichkeiten einräumen

Aus dem Bundestag: Der Gesetzentwurf zur Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG) ist mit zahlreichen Änderungen und einigen Ergänzungen vom Gesundheitsausschuss gebilligt worden. Für den mehrfach veränderten Entwurf stimmten am Mittwoch die Regierungsfraktionen von Union und SPD. Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich der Stimme. Die Vorlage ist heute im Plenum des Bundestages abschließend beraten und verabschiedet worden. Der bpa begrüßt, dass künftig bei der Hilfsmittelauswahl "Qualität oder die Zweckmäßigkeit mit 50% in die Wirtschaftlichkeitsbewertung einfließen".

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 Die Heil- und Hilfsmittelreform zielt darauf ab, mehr Qualität und Transparenz in diesen Markt zu bringen. Mit dem Gesetz wird der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) dazu verpflichtet, bis Ende 2018 das Hilfsmittelverzeichnis zu aktualisieren. Zudem soll der Spitzenverband bis Ende 2017 eine Systematik schaffen, um das Verzeichnis auch künftig aktuell zu halten.

Der Antrag der Grünen zur Verbesserung der Heilmittelversorgung (18/8399; 18/10247)  fand im Ausschuss keine Mehrheit. Ein Änderungsantrag der Linksfraktion zum HHVG wurde ebenfalls mehrheitlich abgelehnt.

Die Krankenkassen müssen bei ihren Vergabeentscheidungen künftig neben dem Preis auch qualitative Anforderungen an die Hilfsmittel gleichwertig berücksichtigen. Zudem werden die Krankenkassen auch bei Ausschreibungen dazu verpflichtet, den Patienten eine Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen mehrkostenfreien Hilfsmitteln einzuräumen.

Bei der Hilfsmittelversorgung müssen die Krankenkassen die Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Pflichten der Anbieter kontrollieren. Dazu sind Stichproben vorgesehen. Ferner müssen Anbieter die Versicherten künftig beraten, welche Hilfsmittel und zusätzlichen Leistungen für sie geeignet sind und von den Krankenkassen als Regelleistung bezahlt werden. Die Anbieter werden verpflichtet, die Höhe der Mehrkosten anzugeben. Die Krankenkassen sollen die Versicherten zudem besser über ihre Rechte bei der Hilfsmittelversorgung beraten.

Um die Therapieberufe (Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Podologie) attraktiver zu machen, können die Krankenkassen und Verbände der Heilmittelerbringer in den Jahren 2017 bis 2019 eine höhere Vergütung beschließen. Diese Regelung ist befristet, um die Auswirkungen zu überprüfen.

Heilmittelerbringer sollen künftig außerdem über sogenannte Blankoverordnungen stärker in die Verantwortung genommen werden. So wird das Heilmittel weiter vom Arzt verordnet, der Heilmittelerbringer bestimmt aber die Auswahl, Dauer und Abfolge der Therapie. Nach Auswertung von Modellprojekten soll dann entschieden werden, ob diese Variante in die Regelversorgung übernommen wird.

Der Ausschuss für Gesundheit hat in der 18. Wahlperiode 37 Mitglieder. Davon gehören 18 der Fraktion der CDU/CSU, 11 der Fraktion der SPD, 4 der Fraktion Die Linke und 4 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an. Ausschussvorsitzender ist der Abgeordnete Dr. Edgar Franke (SPD).

bpa zur Verabschiedung des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes:

bpa-Geschäftsführer Bernd Tews zum Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG):

"Bei der Ausschreibung von Hilfsmitteln war bisher der Preis das zentrale Kriterium. Dies führte regelmäßig zu Situationen, in denen viele Versicherte freiwillige Zuzahlungen geleistet haben, um nicht auf zuzahlungsfreie, aber qualitativ minderwertige Produkte angewiesen zu sein. Neben den Betroffenen waren häufig Pflegeeinrichtungen und Pflegekräfte die Leidtragenden der unzureichenden Produktqualität in Folge der preisorientierten Ausschreibungsverfahren der Kassen. Das Ausmaß dieses Problems wurde nicht zuletzt durch die vom bpa aufgezeigten Missstände bei der Qualität von Inkontinenzprodukten deutlich. Mit dem HHVG soll dies der Vergangenheit angehören und der Preis nicht länger das entscheidende Merkmal bei der Ausschreibung sein. Stattdessen müssen auch andere Kriterien, wie die Qualität oder die Zweckmäßigkeit mit 50% in die Wirtschaftlichkeitsbewertung einfließen.

Weitere Inhalte des Gesetzes umfassen die Einführung einer Legaldefinition für Verbandsmittel sowie die Neuregelung der Präqualifizierung auch von Pflegeeinrichtungen als Hilfsmittelerbringer. Darüber hinaus wird die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden neu geregelt und soll Einzug in die Richtlinie zur häuslichen Krankenpflege halten. Eine solche Versorgung soll auch in spezialisierten Einrichtungen, an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen können."