Politik

Laut Bundesregierung fehlen in der Altenpflege 15.000 Fachkräfte

In der Kranken- und Altenpflege sind einem Bericht zufolge bundesweit mindestens 36.000 Stellen unbesetzt, schreibt die "Berliner Zeitung" unter Berufung auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion.

- Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Pflegepolitik der Grünen, kritisiert das Soforprogramm Pflege.Foto: Bündnis 90/Die Grünen

In der Altenpflege fehlten 15.000 Fachkräfte und 8.500 Helfer. In der Krankenpflege gebe es 11.000 offene Fachkräftestellen und 1.500 unbesetzte Helfer-Jobs. Die Regierung beruft sich bei ihren Angaben demnach auf aktuelle Zahlen aus der Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. 

In der Altenpflege kommen demnach auf 100 offene Stellen bundesweit im Schnitt lediglich 21 arbeitslose Fachkräfte. In der Krankenpflege sehe das Verhältnis etwas besser aus, berichtete die Zeitung. Dort standen 100 offene Stellen durchschnittlich 41 arbeitslosen Fachkräften gegenüber. 

Die Grünen-Gesundheitsexpertin Kordula Schulz-Asche sagte der "Berliner Zeitung", die Zahlen zeigten, dass der Arbeitsmarkt für Pflegekräfte leergefegt sei. Anstatt endlich ein umfassendes Programm vorzulegen, klammere sich die Bundesregierung an die im Koalitionsvertrag vereinbarten 8.000 zusätzlichen Stellen. "Angesichts des Pflegenotstandes ist das ein schlechter Witz", kritisierte die Grünen-Politikerin. "Wir fordern ein Pflege-Sofortprogramm mit 50.000 seriös finanzierten zusätzlichen Stellen in Krankenhäusern und der Altenpflege."

"Es fehlen immer mehr Pflegekräfte, vor allem im ländlichen Raum", sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt in Berlin. Deswegen brauche es ein Sofortprogramm. "Die Bundesregierung muss jetzt schnell handeln. Wir brauchen 50.000 zusätzliche Pflegekräfte in der Altenpflege und in den Krankenhäusern", sagte Göring-Eckardt. Die von Union und SPD versprochenen 8.000 zusätzlichen Stellen im Pflegebereich seien nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Die Beauftragte für Pflege der SPD-Bundestagsfraktion, Heike Baehrens, sagte dagegen, das Sofortprogramm mit 8.000 neuen Fachkraftstellen sei angesichts des leer gefegten Arbeitsmarktes ein realistischer erster Schritt. Sie regte an, "Verbesserungen in einer konzertierten Aktion Pflege auf den Weg zu bringen." Ähnlich äußerte sich auch das Bundesgesundheitsministerium: "Wir gehen davon aus, dass diese 8.000 Stellen besetzt werden können", sagte ein Sprecher.

Das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung hält die genannte Zahl von 36.000 offenen Stellen für zu niedrig. "Nach unseren Daten gibt es alleine in Altenheimen und ambulanten Diensten bereits mindestens 38.000 unbesetzbare Stellen, hinzu kommen noch mindestens 10.000 nicht besetzbare Stellen im Krankenhausbereich", sagte Direktor Frank Weidner am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wir sollten zurzeit von rund 50.000 unbesetzbaren Stellen in der Pflege in Deutschland ausgehen." Es gebe quasi keine Arbeitslosigkeit mehr unter Pflegekräften.

Im Radioprogramm SWR sagte der Pflegeexperte Claus Fussek zu den fehlenden Fachkräften: "Ich befürchte, dass die Zahlen deutlich höher sind. Eine zweite unbequeme Wahrheit ist, dass unter den Mitarbeitern, die jetzt tätig sind, ein sehr großer Prozentanteil ungeeignet ist für diesen Beruf." Von diesen Mitarbeitern müssten sich Pflegeeinrichtungen trennen.

Die Linken-Politikerin Pia Zimmermann beklagte, dass die jüngsten Pflegestärkungsgesetze "allesamt zu Lasten der Pflegekräfte gingen". Die Fachkräfte litten seit Jahren nicht nur unter unterirdisch schlechter Bezahlung, sondern auch unter schlechten Arbeitsbedingungen. All das mache "die Pflegeberufe leider wenig attraktiv".