Politik
Niedersachsen: Was die CDU für die Pflegebranche tun will
Nach der Bundestagswahl am 24. September folgt am 15. Oktober gleich die Landtagswahl in Niedersachsen. Da kann ein Regierungswechsel möglich sein. Gut zu wissen, was dann der Herausforderer CDU für die Pflegebranche tun will – z.B. die Sozialpartner vom Tarifvertrag Soziales überzeugen, die Pflegekammer auf den Prüfstand stellen und die Rolle der Kommune bei der Sicherstellung des Pflegeangebots vor Ort stärken. Lesen Sie selbst.

"Die CDU in Niedersachsen tritt zur Landtagswahl am 15. Oktober 2017 mit einem ehrgeizigen Regierungsprogramm an. Wir wollen Niedersachsen wieder in die Spitze der Bundesländer zurückführen und unser Land nach vorne bringen. Unser Regierungsprogramm nimmt ganz Niedersachsen in den Blick und setzt Schwerpunkte in den Bereichen Bildung, Sicherheit, Wirtschaft und Infrastruktur. Unser Motto ist: Einfach machen", so Bernd Althusmann, Landesvorsitzender und Spitzenkandidat der CDU in Niedersachsen, nachdem der CDU-Landesausschuss das Regierungsprogramm am letzten Dienstag final beraten und einstimmig beschlossen hat.
Hier wird die Pflege- und Gesundheitsbranche noch gesondert nicht erwähnt. Aber auf Seite 74 des 116 Seiten starken Regierungsprogramms der CDU-Nds heißt die Kapitelüberschrift: Die Sozial-, Gesundheits- und Pflegesysteme nach vorne bringen. Das macht neugierig. Schauen wir mal hinein, wie das "einfach gemacht" werden soll (Auszüge):
Die CDU in Niedersachsen will die Inklusion von Menschen mit Behinderungen zusammen mit den Verbänden und Kommunen in allen gesellschaftlichen Bereichen vorantreiben:
- Wir wollen wir ein neues Niedersächsisches Gesetz zur gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen auch unter Einbeziehung der kommunalen Ebene mit dem Ziel der Barrierefreiheit in allen Bereichen verabschieden, den niedersächsischen Aktionsplan Inklusion fortentwickeln und gleiche Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen schaffen.
- Wir werden das Bundesteilhabegesetz und das Niedersächsische Behindertenteilhabesetz im Sinne der Menschen mit Behinderung in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit den Kommunalen Spitzenverbänden und den Sozial- und Wohlfahrtsverbänden umsetzen.
- Wir werden ein Kompetenzzentrum für Barrierefreiheit zur Unterstützung der Kommunen und der Wirtschaft einrichten. Hier sollen Experten interdisziplinär wirtschaftliche Lösungen erarbeiten, z. B. beim Wohnungsbau.
- Für Menschen mit Behinderungen wollen wir ein Modell-Projekt "Pflegeassistenz in Gesundheitseinrichtungen" auflegen. Dadurch sollen Menschen im Krankenhaus oder in einer Rehabilitationseinrichtung die notwendige Unterstützung erfahren.
Gesundheit ist ein hohes Gut. Sie ist eine wichtige Voraussetzung für die Entfaltung jedes Menschen und trägt entscheidend zu einem Leben in Würde bei. Jeder muss vorrangig selbst für die eigene Gesundheit sorgen:
- Das Gesundheitssystem braucht effiziente Steuerungsmechanismen, die auf Eigenverantwortung und einen sparsamen Umgang ausgerichtet sind. Das ist im Interesse der Nutzer, weil sie die Kosten durch ihre Beiträge finanzieren müssen.
- Wir schätzen die Arbeit der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege.
- Prävention und Gesundheitsförderung müssen möglichst früh beginnen. Sie sind in jedem Alter möglich und wirksam.
- Wir werden uns dafür einsetzen, dass sich betriebliche Gesundheitsmaßnahmen bei den Beschäftigten nicht als geldwerter Vorteil belastend auswirken.
- Wir werden ein landesweites Konzept "Gesundheitsversorgung 2030" zur Sicherstellung der medizinischen und pflegerischen Versorgung entwickeln. Es bündelt u. a. die Aktivitäten in den Bereichen Zukunftssicherung der Pflege, Rehabilitation, Prävention und Palliativmedizin. Vor allem werden wir die digitalen Anwendungen und neue Chancen in der Medizintechnik berücksichtigen.
- Wir werden uns für eine Reform des Gesundheitswesens auf Bundesebene einsetzen, damit die medizinische Versorgung mit Ärzten auf dem Land als auch die Situation in den Krankenhäusern deutlich verbessert werden.
- Wir werden ein digitales Versorgungssystem aufbauen, bei dem medizinisches Fachpersonal Hausbesuche erledigt und elementare Gesundheitsdaten zur Kontrolle an die Hausärztinnen und -ärzte übermittelt. So werden wir ärztliche Delegationsmodelle für nicht-ärztliche Routinetätigkeiten um Elemente des E-Health erweitern und Telemonitoring stärken, um insbesondere leicht zu ermittelnde Werte wie EKG, Blutdruck oder Blutzuckerwerte selbst zu erfassen und zu übermitteln. Für die Anschaffung datenschutzkonformer sogenannter Wearables zur Gesundheitsprävention stellen wir 2 Mio. Euro zur Verfügung.
- Wir werden in der Ausbildung im Gesundheits- und Pflegebereich alle Inhalte auf Aktualität überprüfen. Die Fortschritte in der Forschung und ihrer Anwendung müssen in der Ausbildung abgebildet werden.
- Wir werden den Investitionsstau bei den Krankenhäusern in Niedersachsen abbauen und neuen verhindern. Daher werden wir das Fördervolumen des Landes für die Einzelförderung von Krankenhäusern von 120 auf 200 Mio. Euro pro Jahr erhöhen. Alle fünf Jahre soll der Investitionsbedarf evaluiert und das Fördervolumen ggf. erhöht werden.
Und ab Seite 81 finden sich Vorhaben der CDU zur Pflegepolitik:
Wir wollen, dass alle Menschen, die der Pflege bedürfen, so lange wie möglich in ihrer häuslichen Umgebung leben können. Es gilt der Grundsatz "ambulant vor stationär". Auch sind die großen Chancen der Rehabilitation zur Vermeidung oder zum Aufschub von Pflegebedürftigkeit intensiv zu nutzen. Pflege muss sich an den individuellen Bedürfnissen des Einzelnen ausrichten. Zukünftig werden auch in Niedersachsen immer mehr Pflegebedürftige eine Zuwanderungsgeschichte haben. Deren spezifische Bedürfnisse müssen berücksichtigt und Sprachbarrieren überwunden werden.
Die Mitarbeiter in den Gesundheits- und Pflegeberufen haben eine verantwortungsvolle und anspruchsvolle Aufgabe. Sie sind die Stütze der medizinischen und pflegerischen Versorgung. Sie verdienen für ihre Arbeit Wertschätzung und eine gerechte Bezahlung. Nur so wird sich ausreichend Nachwuchs für diesen Berufszweig gewinnen lassen. Die Verantwortung für eine leistungsgerechte Bezahlung und attraktive Arbeitsbedingungen liegt bei den Sozialpartnern.
- Wir setzen uns für integrierte Handlungskonzepte und lückenlose Versorgungsketten im Anschluss an Krankenhausbehandlungen ein. Dafür werden wir ein durchlässiges System zwischen stationärer Krankenhausbehandlung und Weiterversorgung in ambulanter, teilstationärer (Kurzzeitpflege) und vollstationärer Pflege entwickeln und dabei die digitalen Möglichkeiten nutzen.
- Wir wollen die Rolle der Kommunen bei der Sicherstellung und Organisation des pflegerischen Angebots vor Ort stärken. Die Landkreise und kreisfreien Städte sind am besten in der Lage, auf spezifische Belange zu reagieren und maßgeschneiderte Angebote zu machen.
- Wir werden uns dafür einsetzen, dass mit tariflichen Maßnahmen der Leistungswettbewerb zwischen den Pflegeeinrichtungen so gestaltet wird, dass nicht der günstigste Preis, sondern die Qualität der Leistung im Fokus steht. Im Dialog wollen wir auch private Anbieter vom Mehrwert des angestrebten Tarifvertrags Soziales in der Altenpflege überzeugen.
- Wir verstehen uns als Partner der vielen engagierten Pflegekräfte. Die künftige Sicherstellung der Qualität in der Pflege ist nur gewährleistet, wenn die Pflegekräfte eine starke Stimme haben. Wir werden daher die Pflegekammer in ihrer jetzigen Form auf den Prüfstand stellen. Zwangsmitgliedschaften und hohe Bußgelder bei Nichteintritt werden wir definitiv abschaffen.
- Wir werden uns dafür einsetzen, dass es in der Pflege weniger Hektik, weniger Dokumentationspflichten und mehr Zeit für das menschliche Miteinander gibt. Hierfür werden wir gemeinsam mit den Pflegeeinrichtungen, den Pflegekassen und den Sozialverbänden Schritte zur Verbesserung der Personalschlüssel in der ambulanten und stationären Pflege vereinbaren.
- Mit einem Ausbildungsförderprogramm für Jugendliche aus EU-Mitgliedsstaaten mit dem Ausbildungsziel Pflegefachkraft sowie mit einem Landesprogramm zur Qualifizierung anerkannter Flüchtlinge zu Pflegeassistenten werden wir zusätzliche Pflegekräfte gewinnen.
- Wir werden mit einem beschleunigten Anerkennungsverfahren für ausländische Abschlüsse sowie mit Angeboten der Nachqualifizierung zu einem schnelleren Einsatz bereits ausgebildeter Fachkräfte kommen.
Am 15. Oktober haben insbesondere die Wähler aus der Gesundheits- und Pflegebranche die Möglichkeit zu entscheiden, ob sie diese Aussagen im CDU-Regierungsprogramm der bisherigen Politik in der Verantwortung von Titelverteidigerin Gesundheitsministerin Cornelia Rundt (SPD) vorziehen.
Hier finden Sie das komplette Regierungsprogramm der CDU Niedersachsen für 2017-2022.
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