Recht

Europäischer Gerichtshof: Urteil zum kirchlichen Selbstbestimmungsrecht

Caritas und Diakonie in Bayern sehen nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) zum kirchlichen Arbeitsrecht keinen Handlungsbedarf. Dem Urteil zufolge dürfen kirchliche Einrichtungen bei Einstellungen nicht zwingend eine Konfessionszugehörigkeit einfordern.

- Dr. Jörg Kruttschnitt, Rechtsvorstand Diakonie Deutschland, sieht das kirchliche Selbstbestimmungsrecht bestätigt.Foto: OSTKREUZ/Thomas Meyer

Es gebe eine Grundordnung, in der die Einstellungspraxis klar geregelt ist, sagte Landes-Caritasdirektor Bernhard Piendl am 17. April der Deutschen Presse-Agentur. Daraus gehe hervor, welche Stelle eine Zugehörigkeit zur katholischen Kirche erfordert und welche nicht. Das decke sich mit der nun erfolgten Rechtssprechung.

"Ich sehe grundsätzlich unsere Praxis bestätigt", sagte auch Bayerns Diakonie-Präsident Michael Bammessel. Man habe Kriterien, wonach mit bestimmten Begründungen auch nicht-christliche oder konfessionslose Mitarbeiter eingestellt werden können. Wichtig sei es, diese Kriterien transparent und überprüfbar zu machen. Das verlange das aktuelle Urteil: "Das finde ich akzeptabel."

Der EuGH hatte am 17.4 geurteilt, dass kirchliche Arbeitgeber nicht bei jeder Stelle von Bewerbern eine Religionszugehörigkeit fordern dürfen. Zur Bedingung darf die Zugehörigkeit zu einer Konfession nur gemacht werden, wenn dies für die Tätigkeit "objektiv geboten" ist. Außerdem muss die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben (Rechtssache Nr. C-414/16).

Bammessel sagte, das Urteil räume kirchlichen Trägern nach wie vor ein, bei einer bestimmten Begründung eine konfessionelle Zugehörigkeit zu verlangen. "Es muss dargelegt werden, warum das für uns wesentlich ist." In einem Altenheim unter christlicher Trägerschaft beispielsweise sei es durchaus wichtig, "dass eine Pflegekraft ein «Vater Unser» sprechen kann oder ein Segenswort", betonte der Diakonie-Präsident. Auch Piendl betonte, es müsse spürbar bleiben, dass eine Caritas-Einrichtung für den Sendungsauftrag der Kirche stehe.

Die Caritas hat in Bayern rund 90 000 hauptamtliche Mitarbeiter in 6000 Einrichtungen und Diensten – vom Pflegeheim bis zur Schuldnerberatung. Zum Diakonischen Werk in Bayern gehören knapp 3000 Einrichtungen und mehr als 55 000 Vollzeitstellen.

Hintergrund:

Im Jahr 2013 war im Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung e. V. eine Bewerberin aufgrund mangelnder fachlicher Voraussetzungen nicht für ein Vorstellungsgespräch berücksichtigt worden. Ihre fehlende Kirchenzugehörigkeit war für diese Entscheidung von zweitrangiger Bedeutung. Für die Stelle wurde ein Bewerber ausgewählt, der die erforderlichen fachlichen Voraussetzungen erfüllte. Zudem gehörte er einer christlichen Kirche an. Das Stellenprofil für die befristete wissenschaftliche Referententätigkeit zur Erstellung eines Berichts zur Antirassismus-Konvention der Vereinten Nationen verlangte dies. Eine christliche Perspektive war für die Beurteilung der Konvention durch unser Haus unabdingbar. Nach dem EuGH-Urteil wird das Bundesarbeitsgericht entscheiden müssen, ob im konkreten Fall die Klägerin vom Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung in ungerechtfertigter Weise diskriminiert wurde, als sie nicht zum Bewerbungsgespräch eingeladen wurde.