Recht

Mitglieder der „Pflege-Mafia“ müssen ins Gefängnis

Mitglieder der sogenannten Pflege-Mafia sind wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Das Landgericht Düsseldorf verurteilte am 5. Februar neun Angeklagte zu Freiheitsstrafen zwischen sieben und zwei Jahren (AZ: 18 KLs 2/17). Die fünf Männer und vier Frauen, die überwiegend aus Russland oder der Ukraine stammen, haben von 2008 an bis zu ihren Festnahmen im September 2016 nicht erbrachte Pflegedienstleistungen abgerechnet, wie das Gericht mitteilte.

- Foto: Justiz NRW

Mit Urteil vom 5. Februar 2018 (18 KLs 2/17) hat die 18. große Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf neun Angeklagte wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges bzw. gewerbsmäßiger Geldwäsche zu Gesamtfreiheitsstrafen zwischen 7 Jahren und 2 Jahren verurteilt. Aufgrund des Ergebnisses der an 32 Tagen durchgeführten Hauptverhandlung mit umfangreicher Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass mehrere Angeklagte im Jahr 2007 die Idee hatten, tatsächlich nicht erbrachte Pflegeleistungen betrügerisch abzurechnen. In den folgenden Jahren ab 2008 bis zu den Festnahmen am 20.09.2016 haben die Angeklagten als Bande, über fünf verschiedene Gesellschaften, tatsächlich nicht erbrachte Pflegedienstleistungen gegenüber Krankenkassen und dem Amt für soziale Sicherung der Städte Düsseldorf und Neuss abgerechnet.

Die Beweisaufnahme hat nach der Überzeugung der Kammer ergeben, dass die Angeklagten als Bande Leistungsnachweise in großem Umfang betrügerisch erstellt bzw. angepasst haben. Nur ein Bruchteil der Patienten wurde so gepflegt, wie die Ärzte es verschrieben hatten und wie es gegenüber den Krankenkassen und Kommunen abgerechnet wurde. Statt der verschriebenen Pflegeleistungen erhielten die Patienten Geldleistungen und sog. Kompensationsleistungen wie etwa Fahrten zum Arzt, Putzen der Wohnung, Maniküre oder Pediküre.

Aus dem so erzielten Gewinn zahlten die Angeklagten an Pflegekräfte Schwarzgeld und an Ärzte Bestechungsgelder. Darüber hinaus haben die Angeklagten sich selbst in erheblichem Maße bereichert, wobei die Art und Weise und das Ausmaß der Bereicherung sich bei jedem Angeklagten unterschied.

Die 18. große Strafkammer hat in ihrem Urteil einen durch die betrügerische Abrechnung von Pflegedienstleistungen entstandenen Gesamtschaden von mindestens 4,7 Mio Euro festgestellt. Im Einzelnen hat das Gericht die Angeklagten wie folgt verurteilt: Im Rahmen der Strafzumessung hat die Kammer zu Gunsten der Angeklagten berücksichtigt, dass sie alle nicht vorbestraft sind. Die Begehung der Taten wurde den Angeklagten erleichtert, weil die Pflegeleistungen nicht ausreichend kontrolliert wurden. Die Angeklagten sind den Schadenersatz- und Erstattungsansprüchen der Krankenkassen und Kommunen ausgesetzt. Strafmildernd hat das Gericht auch berücksichtigt, dass fünf der neun Angeklagten Geständnisse abgelegt haben. Strafschärfend hat die Strafkammer die hohe kriminelle Energie der Angeklagten gewertet, die in ihrer professionellen Vorgehensweise über einen relativ langen Tatzeitraum zum Ausdruck kam und zu dem hohen Schaden geführt hat.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft und die Angeklagten können gegen das Urteil Revision zum Bundesgerichtshof einlegen.

Beim Haupttäter habe man ein Schweizer Nummernkonto und zwei Kilo Gold entdeckt. Auf die Behauptung einer Angeklagten, dass Geld sei armen Verwandten in der Ukraine zugute gekommen, entgegnete der Richter: "Das war das Geld der deutschen Steuer- und Beitragszahler. Wir sind nicht das Sozialamt der Ukraine oder der Russischen Föderation."

Es werde wohl nicht gelingen, den am System beteiligten Ärzten den Prozess zu machen, sagte Staatsanwältin Petra Szczeponik am Rande des Verfahrens. "Wir sind auf eine Mauer des Schweigens gestoßen." Die Vorwürfe der Anklage waren auf 1100 Seiten ausgeführt. Die Verurteilten Männer und Frauen sind zwischen 34 und 63 Jahre alt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Bundesweit standen zuletzt 230 ambulante Pflegedienste unter Verdacht, betrügerisch abgerechnet zu haben. Nach einer älteren Schätzung des Bundeskriminalamts könnte der Schaden für die Sozialkassen bei mindestens eine Milliarde Euro pro Jahr liegen.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte die Vorgänge als "RiesensauereiW bezeichnet. Die Stiftung Patientenschutz berichtete, der aktuelle Pflege-Qualitätsbericht stelle bei fast einem Drittel der Dienste Auffälligkeiten bei der Abrechnung fest. Der Gesetzgeber unternehme zu wenig, um Pflegebetrüger zu identifizieren und ihnen das Handwerk zu legen.