Recht

Neues Bremer Heimgesetz soll ausgeweitete Kontrollen ermöglichen

Gestern sollte das neue Wohn- und Betreuungsgesetz in Bremen in der Sozialdeputation (einem Ausschuss der Bremischen Bürgerschaft) debattiert und beschlossen werden. Angehörigenvertretern und Politikern geht das neu gefasste Gesetz nicht weit genug – sie "wollen generell eine noch bessere Kontrolle von Pflegeeinrichtungen und -diensten".

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Wie die Zeitung "Weser-Kurier" berichtete, sei nach einer Vorbesprechung mit den Fraktionen am späten Mittwochnachmittag klar gewesen: Der Entwurf für das neue Heimgesetz fliegt von der Tagesordnung. Kurzfristig musste Sozialsenatorin Senatorin Anja Stahmann (Grüne) den Entwurf zurückziehen. Einen neuen Termin gibt es noch nicht.

Insbesondere die SPD habe "an der einen und anderen Stelle Nachbesserungsbedarf" angemeldet, weil "der Schutz der pflegebedürftigen Bewohner noch nicht weit genug geht", sagte der sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion und Deputationsvorsitzende, Klaus Möhle, dem Weser-Kurier. Eine dieser Stellen ist die Besetzung des Nachtdienstes in Pflegeeinrichtungen. In  Stahmanns-Entwurf heißt es dazu, dass während einer Nachtschicht in einer Einrichtung mit bis zu 50 Bewohnern mindestens eine Pflegekraft anwesend sein müsse. "Da müsste eine andere Lösung gefunden werden",soMöhle. "Im Prinzip ist der Entwurf nicht schlecht, aber wir wollen generell eine noch bessere Kontrolle von Pflegeeinrichtungen."

Der Gründer der Angehörigen-Initiative "Heim-Mitwirkung", Reinhard Leopold,  ist vor allem der Umgang mit Einrichtungen, bei denen der Verdacht auf schwere Mängel in der Pflege droht oder besteht, ein Dorn im Auge. "Bisher ist es so, dass die Betreiber durch die Wohn- und Betreuungsaufsicht der Sozialbehörde über Möglichkeiten zum Abstellen dieser Mängel zunächst beraten, beraten und beraten werden. Diese kostenlose Beratung steht aber nach wie vor in dem Gesetzentwurf, sie gehört ersatzlos gestrichen." Es gebe Heimbetreiber, die genau darauf spekulierten: "Das fördert den Missbrauch." Es müsse also viel schneller zu wirkungsvollen Sanktionen kommen, fordert Leopold, der zudem Regionalbeauftragter der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA) in Bremen ist.

Die Sozialbehörde will hingegen die Beratung beibehalten: Werde gleich mit Sanktionen begonnen, könne eher die Tendenz bei betroffenen Pflegeeinrichtungen entstehen, dass Mängel kaschiert würden. Durch die Beratung werde ein Vertrauensverhältnis aufgebaut, auf dessen Basis besser an Mängeln gearbeitet werden könne.

Wie Möhle sieht auch Bernd Schneider, Sprecher der Sozialbehörde, "einige sehr gute Ansätze" in dem Heimgesetz-Entwurf. Nach Informationen der Zeitung sollen danach ambulante betreuende Dienste künftig besser kontrolliert werden als bisher. Diese Dienste müssen künftig ihre Pflegedokumentationen offenlegen. Außerdem müssen sie den Informationen zufolge auch nachweisen, dass ausreichend qualifiziertes Personal eingesetzt wird.

Auch beim Verdacht auf Mängel und Beschwerden über die ambulante Pflege im häuslichen Bereich soll die Wohn- und Betreuungsaufsicht künftig erste Anlaufstelle sein. Je nach Sachverhalt werde der Fall an die zuständigen Stellen wie Pflegekassen oder Strafverfolgungsbehörden weitergegeben, heißt es in dem Entwurf. Dafür war die Heimaufsicht bislang nicht zuständig.

Das neu gefasste Gesetz verpflichtet die Einrichtungen laut Entwurf zudem dazu, gemeinsam mit den Bewohnerbeiräten ein Gewaltschutzkonzept zu erarbeiten und einen Verantwortlichen für das Thema zu benennen. Zudem müssen die Heime "zulässige Formen des Freiheitsentzugs" dokumentieren und regelmäßig überprüfen, ob die Maßnahmen weiterhin erforderlich sind.

Stichwort Deputation: Deputationen in der Freien Hansestadt Bremen sind Verwaltungsausschüsse der Bremischen Bürgerschaft zur Kontrolle der Behörden des Landes und der Stadtgemeinde Bremen. Im Gegensatz zu reinen Parlamentsausschüssen gehören ihnen auch Senatsvertreter und Bürger an, die nicht Bürgerschaftsabgeordnete sind, aber vom Parlament gewählt werden. Die Deputationen bestehen aus dem für den Verwaltungszweig zuständigen Senatsmitglied und den Vertretern der Bürgerschaft. Die Bürgerschaft wählt ihre Vertreter nach den Vorschlägen der Fraktionen, wobei die Sitzverteilung in den Deputationen nach der Stärke der Fraktionen bestimmt wird. Die Vertreter in den staatlichen Deputationen werden vom Landtag gewählt, die Vertreter in den städtischen Deputationen von der Stadtbürgerschaft. Ist eine Fraktion in einer Deputation nicht vertreten, kann sie ein Fraktionsmitglied ohne Stimmrecht in die Deputation entsenden. Die Vertreter der Bürgerschaft wählen aus ihrer Mitte einen Sprecher, der auch Vorsitzender der Deputation ist (in der Sozialdeputation ist es derzeit Klaus Möhle / SPD) . Bei den Senatsressorts wird jeweils eine Geschäftsstelle für die zuständigen Deputationen eingerichtet.